Mittwoch, 18. Oktober 2017

Gruppengefüge und Fügungen

Wer kennt es nicht? Das Leben mit einer WhatsApp-Gruppe. Es ist ja an und für sich wirklich eine praktische Erfindung und durchaus ein ernstzunehmendes und populäres Kommunikationsmittel. Aber darum geht es ja nur indirekt. Ich möchte direkt auf die Dynamik in solchen - wahrscheinlich den meisten - Gruppen eingehen und nicht auf die App, als Solche.

Bisher habe ich mich durchaus von vielen Grüppchen-Gruppen fern gehalten. Eine Familien-Gruppe (wie sollte es auch anders sein) existiert natürlich. Die ist aber eher so inactive atm if you know what i mean. Wenn ich etwas von meiner Familie möchte, kann ich auch anrufen! Sollte jeder tun. Aber nun gut. Als Grüppchen-Gruppen würde ich solche Gruppen beschreiben, in der Leute sind, die sich zum Großteil wenigsten einmal privat getroffen haben und sich dachten, die sind ganz okay, machen wir mal ne WA-Gruppe für weiteres Kennenlernen, "lustige" Kommunikation und eventuelle "Organisation". Schön und gut. Der soziale Wille steht im Vordergrund. Das ist ja eine durchaus vernünftige Idee.

Nun hat man dann dort so 11-15 Leute am Start. Das ist okay. Die richtig Verrückten tummeln sich wahrscheinlich in Gruppen ganz anderer Ausmaße...jedem das Seine. Meins ist's definitiv nicht. Weniger ist in dem Falle mehr. Wobei bei mir weniger auch noch ganz schön viel ist. Deshalb ist's definitiv mehr. Aber ich schweife ab. Du hast da also diese Leute, die du mal getroffen hast. Die meisten hast du tatsächlich erst einmal in natura getroffen oder noch gar nicht, je nach dem, ob du zu einer existierenden Gruppe hinzugestoßen bist oder Diese evtl. mit gegründet hast. Und du bekommst natürlich einen Eindruck der Personen. Sollte man. Wenn nicht, interessieren dich die Leute gar nicht und du solltest einfach aus der Gruppe austreten. Da ich zum Glück ein neugieriger und wissbegieriger Mensch bin, bin ich noch nicht ausgetreten, auch wenn ich schon des Öfteren darüber nachgedacht habe. Aber ich versuche weiterhin offen mit dem Kennenlernen von Menschen umzugehen. Das klappt, für mich persönlich, mitlerweile auch wieder ganz gut. Auch wenn es nicht immer gut ist. Aber so ist das nun mal. 20:80. Die 20 sind dann zum Glück oft ganz wunderbar und fördern meinen sozialen Umgang. Danke dafür!

Falls du dich auch interessierst, erhältst du zweierlei Eindrücke: den Digitalen und den Realen. Beide können, bedingt durch sich selber, den jeweiligen Eindruck aber deutlich unterschiedlich ausfallen lassen. So hat man dann oft wiederkehrende, typische Merkmale und Eigenschaften die Aussagen wie: "Große Fresse, nichts dahinter", "Der/die war ja mal ganz anders", "Im Netz strange, in real genauso strange" zulassen. Es gibt wenige Möglichkeiten zu sagen, ja, da ist alles normal, sowohl, als auch. Es tendiert eher zu vermeintlichen Extremen. Aber kein Wunder. Durch die gewohnt häufige und völlig normale Kurz-Kommunikation in der Gruppe entsteht kein weiterer persönlicher, echter Bezug. Meistens nicht. Alles ist eher so blabla bis smalltalk. Nicht zu vergessen, das Teilen von Essen. Das Teilen von Spruchbildern. Das Teilen von privaten Nachrichten anderer Menschen. Das Teilen von Bildern nicht eigener Profile. Das Teilen von Jammern. Das aufteilen von Mitleid auf Mitglieder und beileibe nicht dabei bleiben. Reimen macht übrigens durchaus Spaß, hab ich gemerkt. Besonders letztens (der Vinck mit dem Zaunpfahl).

Sobald sich alle in der Gruppe schon mal getroffen haben, ist die Mitteilungsrate drastisch erhöht, der Inhalt wird merkbar "lockerer" und obwohl man sich nun "kennt", wird die Anonymität eines Accounts so benutzt, als wäre sie Rechtfertigung für Alles. Etikette, ade. Sprache ade. Contenance, sehr oft ade. Ich frage mich, was die Menschen sich herausnehmen, wenn sie lustig privatesten Scheiß in einer Gruppe mitteilen, der nicht mal von Ihnen ist. Das liegt wahrscheinlich an der "Unsicherheit" der Meinungen. Ist man sich erst einer Meinung bewusst, wenn man diese durch Viele bestätigen lassen muss? So wirkt es oft und zeigt auch dann, dass viele ohne Resonanz keine Meinung mehr haben können oder wollen. Keine Frage, Bestätigung ist durchaus wichtig, gerade wenn man im Zweifel ist, aber es wirkt mittlerweile alles so unnötig und wenn man dann nicht der Meinung ist, ist das Geschrei direkt wieder groß und das Mimimi fängt wieder an. Das tolle ist ja auch hier die Kurzfristigkeit. Denn egal, was ist, am nächsten Tag ist eigentlich alles vergessen und es geht wieder von vorne los und das ständig. Das ist dann ein bisschen, wie das Fernsehprogramm, es ist da, aber es nervt, wird aber doch vom Großteil der Konsumenten bedient. Ich mag kein Fernsehen. Dafür mag ich Filme. Viel mehr aber noch, Reden und Austauschen, in echt und authentisch. Da passiert so viel mehr. Ein emoji ersetzt nun mal keine Emotionen. Es täuscht oftmals nur vor, dass da welche wären. Und Obacht: sobald man Sätze ohne die Verwendung von emojis schreibt, ist man ganz schnell der "Böse" und ernst und schwierig. Einen Ernst kenne ich gar nicht. Böse bin ich durchaus, liegt aber im Auge des Betrachters und, dass ich nicht einfach bin, also schwierig, habe ich nie abgestritten. So what?! Alles hat seine Gründe, und wenn es interessieren sollte, fragt einfach nach. Aber das wären ja intensive Mühen, die man sich machen müsste...

Was ist denn da los? Gruppenaustausch als sozialer Ersatz für Echtes? Für Viele wohl ein wichtiger Bezug. Gewohnheit? Abhängigkeit. Normalität, weil es ja alle machen. Tagtäglich die gleichen Dinge projezieren. Reicht das für die persönliche Aufmerksamkeitserfüllung? Immer Eine/n zu lesen, die/der sagt "...dann bin ich nur mal eben weg und schon 100 neue Nachrichten 😂" (der Tränen lachende Smiley ist bei solchen Aussagen wohl immens wichtig...). Meins ist's immer noch nicht und ich halte mich eher vornehm zurück und kommuniziere dort wenig bis gar nicht...So lange man nicht Gefahr läuft aus der Gruppe entfernt zu werden, ist ja alles gut...so kann ich weiterhin Teil dieses famosen Unterfangens sein, als "stiller Mitleser", meistens. Aber manchmal, ja manchmal, gibt es in der Tat ab und an und nicht gerade häufig, eher selten, als ständig, interessante Unterhaltugen. Das ist dann durchaus mal nett. Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich mag Ausnahmen.

Alles in Allem finde ich das weiterhin einfach sehr schade. Bei mir entsteht dadurch eher eine Distanz, als dass dieses praktische Mittel der Kommunikation mich näher bringen würde. Aber es ist ganz normal und man muss sich entweder daran gewöhnen oder es hinnehmen. Meine Ansprüche, zu hoch. Meine Generation, zu alt. Mein Verstand, klar, wie schon lange nicht mehr. Mein Umgehen damit, analytisch, zynisch, sarkastisch und natürlich anmaßend. Wie könnte es anders sein? Ich bleibe dabei und rede mit den Menschen, die mir wichtig sind und schreibe nicht mit denen, die es nicht sind. So haben alle was davon. Wie hoch der individuelle Wert dabei dann jeweils ist, ist natürlich jedem selbst überlassen. Wenn es mich stört, dann scrolle ich eben weiter, keine Frage. Ich wollte es nur nochmal gesagt haben. 5-7 Jahre Altersunterschied machen mittlerweile echt viel aus. Und nun, für eine gute Stimmung, ein Song aus einem wirklich grandiosen Film, the Voices!:

https://youtu.be/grJRKAy4108

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