Freitag, 20. März 2020

Was man nicht weiß


Was man nicht weiß

Ist es so, dass Menschen gewisse Dinge tun,
ohne große Bedenken oder Not,
einfach nur, weil man weiß,
wenn es keiner weiß, macht's keinen heiß?!

Wie sieht's mit der Moral dann aus,
gibt's die noch oder bleibt die zu Haus'?
Kleine Notlügen sind schon okay?
Hauptsache es kommt nicht raus, hooray?

Wie vetraut man dann, mit dem Wissen:
Menschen tun immer nur das, was ihnen gefällt.
Wo fängt die Notlüge an, in welcher Welt
hört sie auf? Wo ist das Gewissen!?

Ganz bewusst die Dinge zu verschweigen,
nur um sich selbst keine Meinung zu geigen,
Klar, gelogen ist es nicht, aber so zu tun als ob
grenzt an das Gleiche und verdient alles andere als Lob.

Wenn man Aufrichtigkeit so mit Füßen tritt,
hat man es nicht verdient Vetrauen zu bekommen
und ist selber Schuld. Aber egal,
solche Menschen halten eh nichts von Moral.

Wertevorstellungen variieren eh,
wenn's keiner weiß, tut's keinem weh.
Am Ende kommt aber alles ans Licht.
Dann ist das Geschrei groß: "Ich wollte das nicht!"









Sonntag, 15. März 2020

Schreib-Challenge #1.2020 (Übersicht): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)

Schönen guten Tag!

Heute ist es wieder soweit. Ich darf mit Freude präsentieren: die Schreib-Aufgabe Nummer 1 im Jahr 2020 (#4 insgesamt), im Rahmen meines kleinen Blogs. Wie auch in den anderen Runden bisher geht es darum, dass wir mit mehreren Schreibern unabhängig voneinander ein Thema beschreiben, bearbeiten und zu digitalem Papier bringen. Das Thema wird jedes Mal von einer kleinen auserkorenen Runde separat von den Schreibern ausgewählt und dann geht's meist in einem Zeitrahmen von ungefähr vier Wochen an das Thema.

Die Ergebnisse zum heutigen Thema werden wie folgt nun hier lesbar sein. Und das Thema zu dieser Runde lautet:

Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)


Und hier die Links zu den einzelnen Beiträgen aller Schreiberinnen und Schreiber, die dieses Mal mitgemacht haben:

➽ David's Beitrag

➽ Eva's Beitrag

➽ Jan's Beitrag

➽ Joe's Beitrag

➽ Lena's Beitrag

➽ Sonja's Beitrag

Wie immer gilt großer Dank allen Beiteiligten für das emsige Mitwirken und Schreiben in dieser sehr heiteren Schreibrunde! David, Eva, Jan, Lena und Sonja, ich finde es großartig, was auch dieses Mal wieder bei der Schreibaugabe herumgkommen ist. Von Allem etwas, schön individuell und mit verschiedenen Herangehensweisen! Ich bin begeistert, sage danke und freue mich schon auf die nächste Runde und ein weiteres Thema, welches es dann zu beschreiben geben wird.

Viel Spaß mit allen Beiträgen und Eindrücken zum Thema "Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)!

Auf Bald

Grüße - Joe

Schreib-Challenge #1.2020 (Jan): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)

Die Wurzel der Affenhorde

Manche Freundeskreise bilden sich in der Schule und bleiben so zusammen. Andere zerstreuen sich komplett. Und manchmal bleiben fast alle da, studieren oder machen eine Ausbildung. Aber bleiben zu Hause. Fast alle. Nur einer geht, allein. Richtung Norden. „Hey, wie cool, wir kommen dich besuchen. Spätestens im Sommer.“ Drei Sommer vergehen. Drei mal war jemand da. Kurz. Für einen Tagesausflug. Nie zum Geburtstag, wenn er dafür nicht nach Hause kam. Immer wenn er zu Hause war, war für alle klar, dass man was zusammen macht. So wie früher. Dass er zu allen Geburtstagen extra zurück kommt.

Für sie hatte sich nichts geändert. Sie waren wie immer. Er war für sie wie immer. Der der er war, als er sich auf seinen Weg machte. Für ihn waren sie wie immer, aber er war nicht wie immer, nicht mehr der von früher. Sie verstanden nicht, dass er sich verändert hatte als er zurück kam. Er kam wieder, aber konnte mit den Leuten von früher nichts mehr anfangen. Er passte nicht mehr dazu. Da war kein Freundeskreis mehr. Er hatte den früheren Freundeskreis verlassen und nun ließ er auch den neuen aus der Studienzeit hinter sich. Wieder allein.

Der zweite Neuanfang fiel schwerer. Viel schwerer als der erste. Wieder am Ort von früher, an seinen Wurzeln. Die Wurzeln waren noch da, aber der Stamm, in dessen Krone er wie ein einzelner Affe saß, war sehr dünn geworden. Er brauchte dort lange, bis er verstand, dass er zu den Wurzeln, seinen Wurzeln, zurück musste. Sich selbst finden! Von dort einen neuen Stamm wachsen lassen! Eine neue Krone schaffen, in der er in seiner Affenhorde sitzen kann und sitzen bleibt!

(geschrieben von Jan)

Schreib-Challenge #1.2020 (Sonja): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)

Die kleine Maus

In einem weit entfernten Land lebte eine kleine Maus gemeinsam mit ihrer ganzen Familie in einer kleinen Höhle. Die kleine Maus war sehr gescheit und las sehr viel. So lernte sie andere Länder kennen und stellte sich oft vor wie es wohl wäre, wenn sie an einem anderen Ort leben würde. Ihr Vater war allerdings noch von der alten Schule und wollte nichts von anderen Ländern hören. Für ihn stand fest: Dies war seine Heimat und die seiner Familie, sie würden sie unter gar keinen Umständen verlassen. Jedes Mal wenn die kleine Maus anfing von anderen Orten zu schwärmen, machte er seine Meinung deutlich und wurde dabei jedes Mal lauter. Schließlich verbot er der kleinen Maus das Lesen und die Schwärmereien. Sie konnte sich allerdings nicht beherrschen und begann immer wieder mit diesem Thema. Sie wollte nicht ihr Leben lang in diesem trostlosen Ort und dieser Höhle leben. Sie war sich sicher, überall würde es besser sein als dort. Ihre Geschwister lachten sie aus, wenn sie sich wieder einmal in ihren Träumereien verlor. Nur ihre Mutter redete ihr gut zu und versicherte ihr, dass sich alles zum Guten wenden würde und sie alles erreichen könne, wenn sie nur genug daran glaubte. Eines Abends hatte ihr Vater wieder einmal sehr schlechte Laune und war über die Träumereien der kleinen Maus sehr erbost. Nach dieser Auseinandersetzung hatte die kleine Maus genug und wollte nicht länger unter dem Pantoffel ihres Vaters stehen. Sie wollte einen Neuanfang wagen, fern von ihrem Vater und ihren Geschwistern. Sie wollte mehr vom Leben. Als schließlich alle schliefen, packte sie ihre 7 Sachen zusammen und verließ ohne Abschied die Höhle. Sie machte sich auf den Weg zum Hafen, um mit dem Schiff zu einem der fernen Länder, über die sie so viel gelesen hatte, zu fahren. Sie erreichte den Hafen und ging unbemerkt an Bord. Während der Überfahrt dachte sie an die Dinge, die sie auf dem Weg bereits erlebt hatte. So gab es eine Begegnung mit einer streitsüchtigen Eule, der sie nur knapp entkam und sie schloss mit einem alten Kaninchen Freundschaft, das sie für eine Nacht bei sich aufnahm. Als das Schiff anlegte und sie von Bord ging wusste sie sofort: Hier würde sie bleiben. Sie suchte eine Unterkunft, fand aber keine und streifte deswegen auf den Wegen umher. Tage vergingen und sie begann zu zweifeln, ob es wirklich richtig war ihre Familie zu verlassen. Sie fühlte sich fremd und von den Bewohnern des Ortes nicht akzeptiert. Sie hatte sich große Hoffnungen gemacht, dass fern der Heimat alles besser werden würde und sie endlich das Leben führen würde, das sie sich immer gewünscht hat. Eines Nachts, als sie nicht schlafen konnte, schon aufgeben und zu ihrer Familie zurückkehren wollte, hörte sie die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf, die ihr versicherte, dass alles gut werden würde. Sie solle nur noch ein bisschen Geduld haben. Durch die Stimme ihrer Mutter beruhigt schlief die kleine Maus endlich ein. Die Wochen vergingen und nichts änderte sich für die kleine Maus. Sie war für die Anderen nach wie vor die Maus mit dem seltsamen Akzent. Mit der Stimme ihrer Mutter im Kopf machte sie jedoch unermüdlich weiter. Sie streifte weiterhin im Ort umher, schlief mal hier mal da und aß was sie finden konnte. Am Ende eines besonders schweren Tages traf sie auf einen Kater, der sie mit zu sich nahm und sich um sie kümmerte. Erst hatte die kleine Maus Angst und wusste nicht, ob sie ihm trauen konnte. Doch schon bald erzählte sie ihm von ihrem Wunsch nach einem Neuanfang, dass sie Schwierigkeiten hatte sich einzuleben und dass sie nach mittlerweile 2 Monaten noch keine richtige Unterkunft hatte. Der Kater tat genau das was die kleine Maus so dringend benötigte: Er spendete ihr Trost, hörte einfach zu und versprach ihr bei der Suche nach Anschluss und einer Unterkunft zu helfen. Sie redeten lang an diesem Abend und schließlich erzählte der Kater seine eigene Geschichte. So stellte sich heraus, dass auch er seine Heimat verlassen und an diesem Ort noch einmal von vorn begonnen hatte. Ein paar Tage später hatte die kleine Maus mit Hilfe des Katers eine Unterkunft gefunden. Er stellte sie seinen Freunden vor, die die kleine Maus sofort in ihrer Runde aufnahmen. So wurde dieser Ort langsam immer mehr zu ihrer neuen Heimat und das Leben der kleinen Maus immer mehr zu dem was sie sich immer gewünscht hat. Natürlich vermisste sie manchmal ihre Mutter, doch sie wusste, dass ihre Mutter stolz auf sie ist, weil sie den erforderlichen Mut aufgebracht und einen Neuanfang gewagt hatte. Auch die kleine Maus war stolz auf sich, weil sie trotz mancher Zweifel nicht aufgegeben hat. Sicher lebte sie in der ersten Zeit unter widrigen Bedingungen, aber die vielen Erfahrungen und neuen Freundschaften machten all das wett. Niemals hätte sie gedacht, dass sie sich mit einem Kaninchen, einem Kater und einer ganzen Reihe anderer anfreunden würde. Doch sie hatte begriffen, dass es sich lohnt auch mal genauer hinzusehen. Es zählt nicht nur was man auf dem ersten Blick sieht, sondern auch das was sich im Inneren abspielt. Sie war sich sicher, dass sie, wenn sie die Anderen nur nach ihrer Herkunft und deren Aussehen beurteilt hätte, eine Menge bemerkenswerte Persönlichkeiten verpasst hätte. Wenn die kleine Maus in Zukunft gefragt wird, ob ihr Umzug ins Ungewisse Fluch oder Segen war, wird sie voller Überzeugung antworten können das beides zutrifft. Die erste Zeit war mit all den Hindernissen wie ein Fluch, da nichts sie darauf vorbereiten konnte, was sie an ihrem Ziel tatsächlich erwartete. Ganz egal wie viel sie im Vorfeld über die Orte las. Die soziale Komponente ist eben nicht vorhersehbar. Nachdem sie aber die Hindernisse überwunden und Anschluss gefunden hatte, eröffneten sich ihr all die Möglichkeiten, die sie sich immer erträumt hat. Sie war als Maus gewachsen, war nun stärker und unabhängiger als jemals zuvor. Und das würde sie gegen nichts eintauschen wollen.

(geschrieben von Sonja)

Schreib-Challenge #1.2020 (Lena): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)


Ich sitze auf meinem Bett in meinem Zimmer, eigentlich in unserem Zimmer. Die mir vertrauten vier Wände die ich mir jahrelang mit meiner Schwester geteilt habe. Egal wie sehr wir uns gestritten haben, egal wie sehr wir uns am Tag auf die Nerven gegangen sind, abends waren wir immer wieder hier, zusammen, meistens sogar im selben Bett. Ich schaue mich im Zimmer um. Jede kleine Macke, jeder Fleck, jedes Möbelstück und jedes Kuscheltier alles hier ist eine Erinnerung für mich. Ich bin 12 Jahre alt und ich hab überhaupt keine Ahnung was auf mich zukommt. Ich bin 12 Jahre alt und schwelge in Erinnerungen wie eine 80 Jährige Frau. Ich sitze in unserem Zimmer und schaue mich um, nehme die Farbe der Wand in mich auf, den Ausblick aus dem Fenster, die Vorhänge schrecklich hässlich aber trotzdem auch schrecklich vertraut. Ich schaue zu Tür und weiß um das Loch unter dem Pferdeposter, ich mag gar keine Pferde aber das Poster musste auch nur das Loch verdecken. Ich fühle mit meinen Füßen den Teppich, sehe die Wölbung, an der der Boden hoch kam weil wir mal wieder das Dachfenster bei Regen offen gelassen hatten. Ich erinnere mich an die Geräusche zwischen den Wänden, jede Nacht hörte man kleine Mäusefüße. Werde ich all das vermissen? Mama hat gesagt wir ziehen um, wir ziehen weiter weg, weg aus meiner vertrauten Umgebung. Was mich erwartet, ich weiß es nicht

Das neue Zimmer war anders, es roch noch fremd, es war noch ganz kahl und unbewohnt. Es waren zwar meine Möbel und es war meine Wandfarbe die ich mir ausgesucht hatte, aber es war mir noch fremd. Das Bett roch noch nicht so vertraut wie damals, der Boden war kühl unter meinen Füßen weil mir der Teppich fehlte. Etwas vermisste ich sogar das hässliche Pferdeposter. Als ich in meinem neuen Zimmer lag, in meinem Bett und an die Decke starrte, hörte ich leise die Heizung gluckern dieses Geräusch gab mir etwas Beruhigendes, es konnte vielleicht genauso vertraut werden wie die kleinen Mäuseschritte. Ich war in Gedanken versunken und hörte wie leise die Tür aufging, meine Schwester legte sich wortlos in mein Bett und es war wieder wie immer. 

Das neue Zimmer war meins geworden, neue Poster, dass selbe Chaos und vertraute Erinnerungen. Meine Gerüche, meine Klamotten, Türen knallen und meine Schwester die sich abends wieder in mein Bett schleicht. Ich hätte nicht damit gerechnet wie schnell mir das neue Zimmer so vertraut werden würde und wie schnell sich diese Vier Wände mit Leben und Erinnerungen füllen würden. 

Ich hab in meinem Leben schon viele Umzüge erlebt. Eigene, von Freunden, von Familie. Ein Umzug ist immer anstrengend aber ich schaue immer auch gerne genauer hin. Schau in die Gesichter, sieht man Hoffnung, Erwartung, Angst, Nervosität. Wie geht es den Leuten die umziehen, wie geht es mir wenn ich umziehe, was macht dieser Einschnitt mit einem und vor allem was macht man selbst daraus. Keiner weiß wirklich was einen Erwartet, es ist immer eine Unbekannte Situation. Wird wirklich alles so wie ich es mir erhoffe? Wird es besser, schlechter oder ganz anders? Auch wenn man weiß wo man hinzieht weiß man doch irgendwie nicht wo man hinzieht. Wie sind meine Nachbarn, wie ist die neue Umgebung, wie ist meine Wohnung. Werde ich mit all dem fertig? Was man aber immer in allen Gesichtern sehen kann ist der Wille die Situation zu meistern, die neue Umgebung zu meistern. Wie das letztendlich aussieht hängt von jedem selbst ab.

Der Umzug den ich am Anfang beschrieben habe, war sicherlich der einschneidenste Umzug. Ich verließ den Ort in dem ich aufgewachsen bin, den Ort an dem ich meine Kindheit verbrachte, wo meine Freunde lebten und den ich so gut kannte. Der Umzug bei dem ich kein Mitspracherecht hatte. Ich musste mit, was hatte ich für eine andere Wahl. Aber was macht sowas mit einem?

Kann man pauschal immer sagen Fluch oder Segen? Ich persönlich nicht. Ich hab gute und schlechte Erfahrungen gemacht nach diesem Umzug. Ich hab mich mal verloren und entwurzelt gefühlt aber oft auch so Zuhause wie an keinem anderen Ort. Ich hab einen Neuanfang mit neuen Freunden gemacht, meine alten völlig vergessen. Mich mit meinen neuen Freunden gestritten und meine alten schrecklich vermisst. Es war ein auf und ab, gute und schlechte Tage aber ich glaube das wäre auch an jedem anderen Ort so gewesen. Wäre ich in meiner Heimat geblieben hätte ich auch dort solche Tage und Situationen gehabt da bin ich absolut sicher.

Ich bin der Meinung ein Umzug kann alles sein, es ist wichtig was man daraus macht und wichtig das man alle Momente lebt und herausfindet was der neue Ort und die neue Situation für einen bereit hält. Beschäftigt man sich zu sehr mit der was wäre wenn Frage, macht man sich zu viele Gedanken, lebt in der Vergangenheit und stellt immer wieder Entscheidungen in Frage vergisst man zu leben. Dann verpasst man Möglichkeiten, Situationen und Menschen, wenn man will kann man überall glücklich werden und wenn nicht zieht man um und fängt wieder neu an. :)

(geschrieben von Lena)

Schreib-Challenge #1.2020 (Eva): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)



Sie standen zusammen in dem großen Garten.
Sie sagte nein, doch Er wollte es haben.

Dieses Haus, ramponiert und kaputt,
es wurde viel getan und überall Schutt

Im ersten Jahr hat Er noch viel getan,
man hatte den Eindruck er hätte nen Plan.

Dann kam das erste kleine Glück
und Er fand zu altem Verhalten zurück.

Es wurde sehr unschön und schmerzhaft für Sie,
doch sie fand trost in der Kleinen wie nie.

Dann kam das süße zweite kleine Glück,
doch nun wurde er nur noch mehr verrückt.

Die Zeit war dunkel, voller Schmerz und Zorn.
Sie trennte sich und blickte endlich nach vorn.

Doch war sie immer noch in diesem Haus gefangen,
wäre doch statt Ihm lieber Sie gegangen.

Zwei Jahre später dann schaffte Sie es,
allerdings war der Umzug schon ganz schöner Stress.

Drei Jahre später brachten Sie Umstände zurück.
Erinnerungen kamen wieder Stück für Stück.

Die Dunkelheit von früher machte sich in Ihr breit,
doch nun, drei Jahre später hat sie sich endlich befreit.

Das Haus ist verkauft und sie ist endlich frei,
doch erinnert sie sich kurz an den 1. Mai.

Sie saß in dem Garten ganz allein,
umgeben von Schafen und Hunden im Mondenschein.
Ihre Kinder hatten hier ihre ersten Schritte getan
die ersten Worte gesprochen und es kam der erste Zahn.
Vieles ist in diesem Haus geschehn,
vieles will Sie nie wieder sehn.

Und so steht sie ein letztes Mal in diesem Garten, wo alles begang,
doch nun ist es endlich Zeit für einen richtigen Neuanfang.

(geschrieben von Eva)

Schreib-Challenge #1.2020 (David): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)

Entwurzelt

In meiner Kindheit sind wir oft umgezogen. Mein Vater war Journalist, häufige Ortswechsel brachte der Beruf mit sich. Geboren wurde ich in Dortmund. Erinnern kann ich mich wahrlich nicht daran, denn kurz darauf zogen wir nach Grafing, bei München. Auch daran kann ich mich kaum erinnern, ich war ein Kleinkind. Lediglich aus Erzählungen meiner Mutter weiß ich, dass ich die Erzieherin des katholischen Kindergartens immer „Schwester Rosine“ nannte, obwohl sie doch Rosina hieß.
Wir zogen irgendwann wieder nach Dortmund. Aus dieser Zeit habe ich nur Erinnerungsblitze im Gedächtnis, nichts Konkretes. Ich weiß, dass die Kindergärtnerin ätzend war. Dass sie mir immer mein Spielzeug wegnahm. Ich weiß, dass sie eine dicke Frau mit grauen Haaren und Brille war. Zumindest sagt mir das meine Erinnerung.

Als ich sechs Jahre alt war, zogen wir nach Schwerte. Wir hatten ein Haus, mit Garten, in einer Spießbürgersiedlung voll von absurden Gestalten, die ihren Rasen mit dem Lineal messen mussten, nachdem sie ihn gemäht hatten. Ich hatte einen Dauerkrieg mit dem Nachbarsmädchen und einen einzigen Freund. In der Schule wurde ich gemobbt, ich bekam meine ersten allergischen Erfahrungen – alles in Allem keine gute Zeit.

Wir zogen wieder nach Dortmund. Ich muss 15 gewesen sein.
Und seitdem lebe ich in Dortmund.
Der Punkt ist: ich habe mich nie entwurzelt gefühlt. Denn – seien wir ehrlich – eine besondere Bindung zu den Orten, an denen ich zuvor gelebt hatte, habe ich sowieso nie aufgebaut. Dort lebten die falschen Menschen.
Das erste Mal, dass ich mich entwurzelt gefühlt habe, war eine ganz andere Geschichte.

Zuerst kam Hotte nicht wieder. Normalerweise trafen wir uns Abends, Hotte, Manuel, Pauline und ich. Andere waren auch zuweilen dabei, aber das war der Kern der Gruppe. Wir entschieden dann, was wir machen wollten. Mal war es Blödsinn, mal war es sinnvoll. Aber Spaß hat es immer gemacht.
Irgendwann kam auch Pauline immer seltener. Erst fehlte sie einmal, dann zweimal, dann war sie plötzlich weg. Wie ein nächtliches Gespenst, das nach dem Aufwachen noch neben deinem Bett zu stehen scheint, nach einem Blinzeln aber verschwindet.
Manuel kam als nächster nicht wieder. Man muss wissen, dass er mit Pauline zusammen war. Einige Zeit kam er noch öfter zu unseren Treffen, aber irgendwann war auch er weg. Nebel im Wind.

„Ganz schön unkonkret,“ werden einige von euch nun sicher denken.
Und sie haben recht.
Denn die Leute, die da nach und nach verschwanden, kannte ich kaum „in echt.“ Sie waren Mitglieder in einer Gilde.
In einer Gilde aus World of Warcraft.
Natürlich sind sie nicht wirklich verschwunden. Sie kamen einfach nicht mehr online. Zu jener Zeit gab es ein Konkurrenzspiel namens Aion. Lange hatten sie schon damit geliebäugelt, und am Ende werden sie wohl dahin gewechselt haben. Zumindest war das damals meine Vermutung.
Zuerst kamen sie immer seltener online, dann, irgendwann, überhaupt nicht mehr. Zurück blieb ich mit einer Gruppe von Spieler*innen, die ich kaum oder gar nicht kannte. Wie im echten Leben, so knüpft man auch online seine Sympathien ungerecht. Und wo im echten Leben das Gesicht, so hilft online die Stimme, das digitale Gegenüber nicht nur einzuordnen, sondern auch dabei, es zu mögen (oder auch nicht, aber das spielt für diesen Text keine Rolle).

Ich erinnere mich noch, wie sie mich für die Gilde rekrutierten. Ich kam als Außenseiter („Random“) auf ein Gruppenevent (Raid) mit, das deren Gilde durchgeführt hatte. Ziel war es, den Drachen Sartharion zu töten.
Ich war, wie bei solchen Raids üblich, aus ganz eigennützigen Zielen mitgegangen. Ein wenig an der Beute des Drachen teilhaben, etwas Erfahrung sammeln, solche Dinge eben. Mit Gilden hatte ich nichts mehr am Hut, denn meine Erfahrungen mit einer stalkenden, psychopathischen Gildenleiterin hatten mir vorerst die Lust auf Gesellschaft verdorben. Und so tingelte ich mehr oder weniger heimatlos, wie eine Art Söldner über den Server.
Bis zu diesem Tag, an dem wir Sartharion umboxten. Der Raid lief beileibe nicht so einfach. Die eine oder andere brenzlige Situation rettete ich dank der Fähigkeiten meines Spielcharakters. Der Paladin kann zum Glück von allem etwas und das nutzte ich auch aus.Draufhauen, Heilung, Charaktere vor Schaden bewahren – ich konnte das Spektrum in seiner Gänze anwenden.
Am Ende lag das Drachenvieh am Boden und es wurde Beute verteilt. Ob ich etwas bekommen habe, weiß ich nicht mehr. Was ich aber bekam war ein Gespräch mit Manuel und Pauline - die Namen sind hier geändert, denn die Spielcharaktere hießen Maruviel und Palani.
Kurz darauf war ich Mitglied in deren Gilde. Es war die einzige Online-Gemeinschaft, in der ich über lange Zeit aktives Mitglied sein sollte. Ich war zuvor nie lange in Online-Gruppen – viele nehmen sich selbst oder das Spiel zu ernst, andere sehen sich nur als Gemeinschaft für das Austauschen stumpfer, sexistischer, rassistischer oder wie auch immer gearteter billiger Witze. Ich sollte auch danach nie wieder eine Gruppe finden, der ich mich über einen längeren Zeitraum anvertrauen sollte.
Manche Leser werden bereits an der Stelle aufgegeben haben, an der ich einräumte dass es hier um ein Online-Erlebnis geht.

Manche werden weiter gelesen haben und den Kopf schütteln. Wie kann man nur so eine Wertbindung für ein Spiel entwickeln?
Aber ich habe diese Bindung gar nicht für das Spiel entwickelt.
Sondern für die Menschen, mit denen ich es gespielt habe.
Genau wie mit Personen aus dem „echten“ Leben, hatte ich auch mit diesen Menschen tolle, witzige, traurige, ärgerliche, schöne und tragische Momente. Und ich habe an diese Zeit in World of Warcraft bessere und konkretere Erinnerungen, als an weite Teile meiner Kindheit. Zum Beispiel folgende Anekdote: als wir eine anspruchsvolle Instanz machen wollten (ein Event für fünf Spieler, bei denen man verschiedene Gegner in einem Labyrinth aus Gängen findet und tötet), und vor einem großen Raum voller Feinde standen, die Halle so hoch, dass wir ihre Decke nicht sehen konnten, die Gegner so zahlreich, dass wir sie kaum zählen konnten, machte sich unser Krieger, Frontkämpfer und Anführer Maruviel bereit, die erste Gruppe von Gegnern aufs Korn zu nehmen. Wir warteten bereit, auf sein Zeichen loszustürmen – als plötzlich mein Kater Louis über meine Tastatur lief. Meine Spielfigur joggte vorwärts und hatte im Nu alle Gegner der Halle auf sich aufmerksam gemacht.
Unsere Charaktere waren in Sekunden tot.
Unser Lachen im Voicechat erstarb für Minuten nicht. Mein Fluch und mein wütender Ausruf „LOUIS!“ waren seither ewiges Gesprächsthema.

Ein anderes Mal wollten wir auf ein PVP (Player vs. Player)-Schlachtfeld. Wir alle waren mies darin, gegen andere Spieler anzutreten. Gegen den Computer? Ja, bitte! Aber gegen andere Spieler? Naja...
Wir wurden richtig böse verhauen. So muss sich die Hörde-F-Jugend fühlen, wenn sie gegen die Nationalmannschaft antritt.
Aber es war lustig. Wir machten sogar eine Challenge daraus, wer von uns am häufigsten sterben würde.

Und irgendwann waren sie alle weg, meine Mitspieler*innen. Geblieben waren nur ein paar Anekdoten.

Es geht um Entwurzelung. Ich könnte jetzt, nur für WoW-Kenner, eine Referenz einbauen, die sich auf die Wurzeln-Fähigkeit des Druiden bezieht. Aber das lasse ich an dieser Stelle.
Entwurzelt bist du nicht unbedingt, wenn du einen Ort verlässt. Die Metapher täuscht hier. Denn Menschen können ebenso gut wie Orte binden und im Internetzeitalter können sie überall sein. Entwurzelt bist du, wenn ein Ort dir keinen Grund mehr gibt, deine Wurzeln erneut in ihm zu schlagen.
Der Ort war World of Warcraft.
Aber die Erde, die dort meine Wurzeln hielt, waren die Menschen.

Freitag, 13. März 2020

Schreib-Challenge #1.2020 (Joe): Entwurzelung/Neuanfang - Umzug ins Unbekannte (Fluch oder Segen?)



Entwurzelung: seine Basis nehmen, die über Jahre oder Jahrzente hinweg an einem bestimmten Ort tiefe Verankerungen geschlagen hat und aus der Erde ziehen, um sie woanders neu zu pflanzen...

Dann haste da deine Wurzeln in den Fingern und fragst dich: "Wo packe ich die nun am besten wieder so in Erde, dass sie direkt und unbekümmert wachsen, gedeien und einen neuen Anker schaffen können?" Die Antwort ist meistens: es ist nicht damit getan, die Wurzeln einfach zu nehmen und woanders wieder auf Anhieb wachsen lassen zu können. Solche Wurzeln brauchen nun mal einen Nährboden, Energie, Zuversicht und Zeit. Und da man sich - wenn man sich dafür entscheidet, einen Neuanfang an einem anderen Ort zu wagen - ersteinmal aller bisherigen Gundlagen enthebt, ist der Name Neuanfang immer ein wichtiger und wertiger Begriff, der genau so genommen und umgesetzt werden sollte, wie es seine Bedeutung hergibt! So ein Umzug - und ich spreche jetzt nicht von einem "handelsüblichen" Umzug, sondern von einem bewussten "Dinge hinter sich lassen und neu anfangen" - ist in jedem Fall eher ein Toblerone-Essen als ein Zucker-Schlecken. Etwas Unbekanntes ergründen, erfahren und leben...es könnte aber kantig werden und unter Umständen am metaphorischen Gaumen kratzen. In den meisten Fällen hängt wahrscheinlich doch sehr Vieles an den Wurzeln dran, was entweder noch abgeschüttelt oder irgendwie mitgenommen wird. Ausnahmen bestätigen natürlich diverse Regeln.

Da ich mit der Ergründung der Themen für die Schreib-Challenges ja nie etwas zu tun habe, muss ich aber nach vier Runden wieder feststellen: irgendwie passen die Themen immer super in mein Selbst. (Nochmal kurz "Danke Gremium"!! für die gute Auswahl und Identifikation) Auch zu dieser Überschrift herrscht in mir aktuell - seit geraumer Zeit - eine Auseinandersetzung mit genau diesem Thema.

Die Idee, hier in Deutschland meine Zelte abzubauen und - wie sollte es anders sein - in Griechenland neu aufzuschlagen, herrscht nun doch schon etwas länger in mir. Ich habe in den letzten Monaten sehr sehr häufig darüber nachgedacht und tue es weiterhin. Aber es ist alles nicht mal eben so getan. Gerade die wirtschaftliche Lage vor Ort erschwert einen Neustart ersteinmal. Ich mein', klar, man kann auch so frei im Kopf sein, dass man etwaige Unsicherheiten und Risiken völlig außer acht lässt und einfach ins kalte Wasser springt. Aber so naiv kann und will ich dabei nicht denken. Ich habe hier in Deutschland zwar keine großen Verpflichtungen oder Abhängigkeiten, an die ich gebunden bin oder die mich zwingend halten aber ein unbedachtes Herangehen wird einer solchen Entwurzelung in meinen Augen nicht gerecht. In den letzten Monaten hat sich zudem ja auch einfach diese wahnsinnig wundervolle Verbindung zu meinem Glück entwickelt, so dass ein Teil von meinen - man könnte sagen: neuen Wurzeln - schon vor Ort ist. Eine emotionale, bekannte und erstrebenswerte Basis, die einfach gegeben ist. Das ist super viel wert und macht Einiges einfacher, denke ich. Und da es sich jedes Mal, wenn ich bisher in diesem wunderbaren Idyll zugegen war, völlig toll anfühlte und diese komplett andere Umgebung, dieses Leben, das Reduzierte, diese Ruhe so erfrischend anders sind, fühlt sich ein Gedanke an vor Ort in so vielerlei Schicht einfach richtig und gut an. Das Fernweh existiert und es ruft immer wieder!

Ist eine Entwurzelung und ein Neuanfang im Unbekannten eher Fluch oder Segen? Ich muss für meinen Teil sagen, es ist ein Segen, wenn man die Möglichkeit ernsthaft in Betracht ziehen kann und so frei in sich ist, tatsächlich seine Wurzeln neu anordnen zu können. Ein Neuanfang kann grundsätzlich enorm viel Energie auslösen. So etwas bedarf aber eben auch einem, meist großen, Energieaufwand, um es überhaupt umzusetzen. Aber er tut gut, er gibt neuen Elan, wenn er mal fehlte. Es sind neue Erfahrungen und neue Erfahrungen im Leben gemacht zu haben, sollte immer erstrebenswert sein. Ich finde es weiterhin aber auch sehr mutig und beachtlich, wenn Menschen sich dazu entscheiden und es einfach durchziehen und sich in ein neues Leben einarbeiten. Christina mou, Sascha, ihr habt seit geraumer Zeit meinen größten Respekt!

Ich war selbst lange nicht in der Lage, ernsthafte Gedanken an Neustarts zu hegen (Depressionen ließen grüßen) aber weiterhin, eigentlich schon das ganze letzte Jahr, fühlen sich auch solche Gedanken und Potentiale für die Entwicklung eines Lebens wahrhaft leicht, aber dennoch nicht naiv an. Es ist wunderbar, wenn man sieht welcht Möglichkeiten es einfach gibt. Und ja, mit Zuversicht und Ambition ist wirklich Einiges bis fast Alles möglich. Wenn ich an einen Neustart oder eine Entwurzelung denke, darf diese einfach auch niemals als Fluch empfunden werden. Sonst wäre eine solche Aktion eher kontraproduktiv bis einschränkend, was das eigene Ausleben angeht. Also: definitiv pro potentielle Entwurzelung und Erleben von Möglichkeiten! Segen, ganz eindeutig!

(geschrieben von Joe)

Mittwoch, 11. März 2020

Koronalisierung - ch zwischen sch



Koronalisierung

Koronalisierung, na wer kennt's?
Oder hat das wieder jeder verpennt?!
Mit Nichten, weder Neffen,
dem Grippe-Trallala entsprechend.
Weder Rotz, noch Husten, gar Infekt.
Dennoch etwas mit dem Mund, aber kein Konfekt!

Dialekt? Mmmmm-maybe...damit in Verbindung bringend.
Wortklänge, Silben und Laute bindend.
Und btw eines der besten Wörter in dem Zusammenhang:
"Der palatale Frikativ ch",
also spätestens da
nahm es seinen Anfang
purer Erheiterung und Information,
denn "Koronalisierung" - wer wusste es schon?

Im Endeffekt geht's um eine Variation
von dem ich-Laut und dem eszehha.
Auch dieser palatale Frikativ ch,
spielt eine Rolle bei der Lautausbildung.
So variiert die Kirsche hier und da immens,
oder die Geschi(s)chte von der Kirche, man kennt's.

Je nach Ursprung und Aufenthalt spricht's
sich überall ein wenig unterschiedlich.
Angepasst, abgewandelt, dialektisch.
Koronalisierung passiert...selbst am Essti(s)ch.






Dienstag, 3. März 2020

Muss es - noch immer - mehr sein?!

Zwischen Entwurzelung (die bald folgende Schreib-Aufgabe Nummer 4) und ein wenig Kruzzeiligem (zuletzt: Nummer 25), auch mal etwas Anderes:

Muss es denn immer mehr sein?! Würde man der breiten Masse folgen und sich die gängigen Konventionen und Eintrichterungen anschauen, müsste man durchaus sagen: "Ja, es sieht so aus, als müsste es immer mehr sein." Mehr von Allem. Mehr Aufmerksamkeit, mehr Darstellen, mehr Reichweite, mehr Dekadenz, mehr Rabatte, mehr Chaos, mehr Lügen, mehr Filter, mehr Follower, mehr Sex, größere Brüste und längere Schwänze. Ein wahrhaftiges Sammelsurium, wenn es darum geht, was man alles mehr haben kann. Aber widmen wir uns hier einfach mal den Brüsten und den Schwänzen. So ein bisschen (mehr) Sex schadet ja nie, ne?! Und Alle so: "Jaaaa, Sex, woooohoooo!" ...dabei sind meistens die, die am lautesten danach schreien, die, die Ihn am wenigsten haben. Aber Hunde, die bellen, beißen ja auch nicht.

Wieviele tatsächliche Jungfrauen es geben muss, die - nehmen wir mal das Internet als Darstellungsplattform - im Netz nur so mit zweideutigen Memes und versauten Spruchbildern um sich werfen, in Wirklichkeit aber noch nie Sex (außer mit sich selbst) gehabt haben. Will man als Jungfrau wirklich den Sex, den das Internet oder Pornos einem vorgeben, obwohl man tatsächlich keine Ahnung hat, wie sich echter Sex anfühlt? Ist es für den völlig unerfahrenen Menschen erstrebenswert, so zu tun, als wäre man die sexuellste Person überhaupt und dann kann man den vermeintlichen Erwartungen wohlmöglich gar nicht entsprechend? Ich glaube es ist, wenn man nicht gerade asexuell ist, echt nicht einfach in der heutigen Zeit noch Jungfrau zu sein. Besonders dann, wenn man merkt, dass es gar nicht damit getan ist, im Internet so zu tun, als ob. Es ist wirklich eine merkwürdige Welt geworden. Da bin ich mir weiterhin einig.

Aber nicht abschweifen...! Mehr Sex, jawoll! Keine Frage, Sex kann es eigentlich nicht genug geben. Und das sage ich nicht nur als Mann...wobei sich das Klischee noch ein bisschen hält, Männer würden mehr über Sex nachdenken als Frauen. Ich bin ja kein Fan von Schubladen und muss auch hier sagen, dass die Geschlechter sich da nicht viel unterscheiden. Vielleicht sind Frauen einfach etwas pragmatischer in ihrer grundlegenden Denkweise und in der Anlage von Gedankengängen, als Männer und können einfach besser differenzieren. Aber ne Drecksau bleibt ne Drecksau. Dann ist es auch nicht wichtig, wie häufig man über Sex nachdenkt, sondern einfach, wie dies dann passiert. Ich sag ja: es kann nie genug guten Sex geben. Und Sex ist so wunderbar subtil, wenn man will. Das ist zwar wieder alles eine Frage des Anspruches und des Könnens, aber wenn man es kann und den richtigen Partner dafür gefunden hat, ist die Frage nach dem "muss es immer mehr sein" gar nicht mehr so relevant, weil es einfach immer gut und viel ist und immer mehr sein kann, wenn man will. Vielleicht ist es aber auch einfach so gut, weil es einfach mehr ist, als der Standard. Wie gesagt, Anspruch-Verhalten spielt eine große Rolle.

Alle wollen Sex. Sex ist toll. Sex macht glücklich. Sex ist wichtig und auch etwas Besonderes. Massenware ist für mich eher uninteressant. In meinen Augen ist der Austausch von Nähe, Intimität, Zärtlichkeit und Lust unbedingt etwas Besonderes und eines der großartigsten Gefühle, die es gibt. Etwas, immer wieder, Einzigartiges, was man zudem so wundervoll (mit den richtigen Menschen) teilen muss und sollte, um es noch besser zu machen.
Aber auch hier gilt bei der breiten Masse höchstwahrscheinlich: Hauptsache Sex, statt lieber gar keinen Sex...auch wenn es eher schlechter Sex ist. Muss es dann immer mehr sein? Mehr schlechter Sex, also? Neeeeee! Keinen schlechten Sex. Den braucht in der Tat niemand...außer vielleicht die, die es noch nicht kennen und höchstwahrscheinlich eh erstmal nicht so geilen Sex haben werden. Hachja...das erste Mal...war es nicht schön?! Um ganz ehrlich zu sein, nein. Nur wahnsinnig aufregend, unwirklich und irgendwie noch nicht ausgeprägt. Aber zum Glück entwickelt sich im Laufe eines Lebens die Sexualität und das Verständnis für Körperlichkeiten. Bei Einigen eben früher als bei Anderen. So gibt es immer ein bisschen Variation und Verhaltensweisen, die man von der "Norm" etwas abheben kann. Im Grunde verhalten wir uns aber eh alle gleich, beeinflusst durch unsere Umwelt, Erziehung, die genossen wurde oder auch nicht und ein Bild der Gesellschaft, welches uns vorgemalt wird. 

Ist es genau dieses Bild, was suggeriert, es muss immer mehr sein? Wann hat sich das Verlangen nach dicken Titten und nem großen Penis so sehr in den Menschen etabliert? Ist das schon immer so gewesen und wir bekamen es bisher nur weniger mit, weil es - sagen wir mal - in den 90ern noch nicht so viel Internet und Meinungs-Darstellungs-Möglichkeit gab? Beschreiben Pornos das "Mehr" einfach immer mehr? Oder ist es ganz normal, dass man immer das haben will, das in den eigenen Augen als "besser" empfunden wird? Sprich: größerer Schwanz gleich mehr Spaß. Größere Hupen gleich mehr Erlebnis? Glatt pauschalisieren sollte man ja eh nie, aber dennoch bleibt immer ein Vergleich: das, was alle wollen gegen das, was man selber will. Wenn alle immer mehr wollen, sollte man dann selbst auch immer mehr wollen?

Oder ist es alles nur ein Irrglaube und die potentiellen Komplexe von Männern mit kleinen Penissen und Frauen, die nicht einem Ideal entsprechen, sind gar nicht der Rede wert? Im Endeffekt muss es, meiner Meinung nach, einfach passen und funktionieren und man sollte in erster Linie immer das geben, was man im Stande ist, zu leben und sich danach erst die Frage nach dem Wollen stellen. Ich glaube auch, dass, wenn man gibt, man schnell merkt, wie viel zurückkommt. Das Mehr-Wollen entwickelt sich dann einfach. Es ist mehr Prozess als ein Final-Zustand.

Für meinen Geschmack bleibt es einfach zu platt, zu sagen: "Ja, es muss immer mehr sein!". Grundsätzlich bin ich zwar ein genügsamer Mensch, habe aber natürlich auch das Verlangen nach einem Mehr, aber das schlüsselt sich eher in gut und intensiv auf. Sex ist Körperlichkeit in Verbindung mit dem Verständnis dafür. Körper sind toll und wenn die Empathie dafür genauso mitmacht, kann es gar nicht besser sein und sollte sich wie von selbst wahnsinnig gut und befriedigend ergeben und dann immer mehr entwickeln. Und wenn das funktioniert, ist sogar Distanz in Bezug auf Sex völlig machbar. Dabei ist die Frage nach dem Mehrwollen unbedingt an stetiges Verlangen gebunden und bedarf "einfach nur" der nötigen Geduld...ich sag's dir, Moró mou, ich misse dich wahnsinnig!! Und ja, natürlich fehlt die Körperlichkeit, bei der es beim Sex nunmal geht, total und eine solche Verbindung über die Ferne ist manchmal alles andere als einfach. Dennoch können wir uns immer Mehrwollen und wissen einfach um das Können und Passieren, wenn die Geduld und Zeit auf unserer Seite ist. Alles Andere ist dann für mich tatsächlich sehr relativ und ich bin einfach glücklich! Von Dir will ich in jedem Falle natürlich immer mehr und bekomme dafür jedes Mal so unglaublich viel zurück. Es bleibt dabei, Du, mein Glück!

Muss es also - immer noch - immer mehr sein? Ist das Streben nach den Superlativen weiterhin gegeben? Oder ist die Welt zu sehr damit beschäftigt, sich selbst genau damit zu profilieren? Ist der Spaß und die Meinungsfreiheit oft nur Augenwischerei oder ein viraler Schrei nach Träumen und Wünschen? Wann wird das "mehr"relativ? Wann sind wir zufrieden? Was wollen wir?

Gegenseitigkeit erleben



Gegenseitigkeit erleben

Dein Leben ist Veränderung,
Meines besteht aus Absicherung.
Bei dir herrscht Tohowabohu,
bei mir ist's eher andersrum.
Ständiges Funktionieren-Müssen
gegen zu viel Zeit unter meinen Füßen.
Bei dir ist alles durchgeplant,
ich lebe eher in den Tag.
Du bist immer im Alltag angekommen,
ich hänge noch ein bisschen in Erinnerungen.
Du musst stark und pragmatisch sein,
ich mache mich manchmal zu klein.
Du stehst um sieben Uhr auf,
ich schlafe meistens aus.
Dein Leben ist der Wahnsinn,
Meines läuft überschaubar vor sich hin.

Trotz unserer beider, immer noch, verschiedener Leben,
kann es einfach nichts Schöneres geben,
als die Zeit mit dir zu teilen,
ohne uns dabei zu enteilen.
Jeden Tag auf's Neue 
herrscht Dankbarkeit und immense Freude.

So Vieles, was wir nun schon zusammen erlebt haben.
So viele Monate wunderbarer Verbundenheit.
So viele Tage voller Lebendigkeit.
So viele Momente voller Zusammenhalt.
So viel unbeschreibliche Zweisamkeit.

So viel Zeit, die du weiterhin erübrigst
und uns über die Distanz das ermöglichst,
was wir beide schätzen, wollen und erstreben:
ein verbundenes und gückliches Leben.