Dienstag, 28. Mai 2019

Dichterdienstag 19KW22 - Nummernliebe

Nummernliebe

"Drei, drei, drei!", schrien die Zwei.
Dabei schauten sie an der Eins vorbei.
So, wie es alle tun, die mal eben
nur das Eine wollen und denken,
das Blatt wird sich schon wenden.
Hach...Drei, sei doch bitte mein Leben.

Über die Kurzfristigkeit der Dinge wird aber nicht gesprochen.
Es ist ja auch ganz normal, schon voll drin und wir gehorchen
der großen Selbstmanipulation, die immer suggeriert:
Heute, ja heute bin ich dran, denn heut' passiert
es und das wird die totale Erfüllung für mich sein.
Ich lad' sie ein, fragt sich nur, ob zu Bier oder Wein?

Unter Zuhilfenahme von offensichtlichen Wünschen,
was ja jeder will, weil ja jeder will, was ein jeder will,
lässt sich der Geruch der Verzweiflung kaum übertünchen,
es dringt aus allen Öffnungen, Poren, das zwar still,
aber es ist nicht zu übersehen, gar zu ignorieren,
wenn es darum geht, möglichst viel zu avancieren.

So zieht ein jeder seinen Bahnen in diesem öffentlichen Raum.
Lässt hier und da mal eine Nummer da, sagt: "das wär' 'n Traum".
Du und ich, weißt? Mit dir wäre die Drei gleich doppelt geil,
du bist mein Sonnenliischt, wolle dich und ficke mich, weil:
du hast ja Drei geschrieben und was geschrieben steht,
muss ja so sein, weil ist Gesetz von Internetz. Und? Geht?

Die Dunkelziffern bestehen aber eh nur aus der Drei.
Wozu dann die Eins, die Zwei und die Vier bis zur Zehn?
Warum so tun, als würde man etwas Anderes sehen?
Damit die Gewissen ein bisschen weniger flehen
und es sich so anfühlt, als wäre es genauso richtig?
Nun gut, Erfüllung von Stereotypen ist ja auch wichtig.

Und es ist so unglaublich einfach, wenn es vorgeschrieben steht.
Mitmachen, weil es jeder tut, Erfolg haben, mit aller Macht.
Aber Schade um den Flirt, der irgendwie abhanden geht.
Die große Sehnsucht weicht der Masse, ob Tag, ob Nacht.
Und ob ihr dann richtig steht, seht ihr wenn das Licht angeht.
Wundert Euch nur nicht, wenn es dann doch nicht passt.

Achja: war ja nur 'ne Nummer. So wie Vieles mittlerweile.
Die Einen sehen die Felle schwimmen, haben Eile.
Andere haben gar keine Felle, sondern Langeweile.
Wieder Anderen ist's egal, die tanzen eh aus der Reihe.
Im Endeffekt bleibt's, wie es ist: jeder, wie er will und kann.
Je nach Anspruch, Ziel und Abhängigkeit des eigenen Plan(s).

Nummern kann man überall und ständig haben,
man muss nur freundlich und witzig sein und ehrlich fragen,
ohne sich dabei zu sehr auf die Drei zu fokussieren,
mit Leichtigkeit und Charme wird es dann passieren.
Jeder weiß doch um sein eigenes Nummern-Potential,
Seid Ihr selbst und macht aus dieser Wahl keine Qual!

Montag, 27. Mai 2019

Porzellanseelen


Dieses helle und strahlende Gut in deiner Mitte. Dieses wunderbar-feinfühlige Gefäß. Dieses zerbrechliche Netz, das sich um deinen energetischen Kern legt. Ihn hält und beschützt. Das edle Gewand, welches den Geist am Leben hält. Es schimmert und glänzt. Ist fein und anmutig.

Dieses Gefäß beinhaltet Alles, was dich ausmacht. Und sollte es unter einem inneren Druck einmal zerbrechen, wird es üble Folgen für deinen wahren, blanken Kern haben. Die Seele, die in dir wohnt, hat so Vieles gesehen. Sie hat so Vieles erleben müssen, was sie nie hätte erleben sollen. Sie hat so Vieles empfangen dürfen und musste so oft so stark sein. Sie hat immer gegeben und sich selbst nur zurückgesteckt. Und trotz all dieser Umstände hat sie nie ihren Glanz verloren und hielt ihre schützende Hand tapfer und unter Qualen über dein Herz. Sie sorgte dafür, dass dein Kern unbeschadet blieb und nur sie selbst Risse und Blessuren davon trug.

Würde sie in sich zerbersten, diese feine Porzellanseele, was bliebe dann in dir zurück? Was wäre dein Herz, dein Motor, dein Kern dann? Er wäre nur noch ein nutzloser Energiespender für einen hohlen und dunklen Raum. Wohin würde die Wärme deines Herzens, die Energie entweichen, wäre das Netz aus abermillionen feiner Fäden, die die Seele ausmachen, nicht mehr zugegen? Was wäre der Kern ohne den Schutz, ohne die Erfahrungen des Leides, ohne die Empfindungen der Freude? Was würde aus der vermeintlichen Stärke des Motors werden, wäre keine Übersetzung möglich? Sie würde verebben und eingehen. Sich zusammenziehen und verdorren. Vielleicht würde dein Herz unter der angestauten Wut auch zerbersten und ein noch viel größeres, klaffendes Loch in dein Leben reißen. Was auch immer geschehen war, es hat Spuren in dir hinterlassen, die schwerlich und nur mit Geduld und neuem Mut, Zeit und Liebe geflickt werden können.

Bitte gib immer gut acht auf dieses, deine, Gefäß, in dem sich deine Seele erstreckt. Im Porzellan des Lebens spiegelt sie sich wieder. Sie benötigt die Energie des Kernes, genauso wie der Kern dieses Gefäß benötigt, um so zu funktionieren, wie es richtig und erstrebenswert sein sollte. Behalte sie immer bei dir, lass sie dir nicht nehmen und pflege sie. Behandle ihre Risse mit feinem Balm. Poliere sie. Halte sie am Glänzen. Du sollst glänzen. Deine Porzellanseele soll strahlen und in dir nach außen erscheinen. Sie soll sich voller Anmut und Leichtigkeit bewegen. Sie soll wachsen und stärker werden. Sie soll atmen.

Gefallene Engel, haben die schönsten Porzellanseelen von Allen. Sie sind so viel stärker als gänzlich unberührte Seelen. Diese gefallenen Seelen, diese gesprungenen Gefäße, diese einst zerborstenen Scherben, sie tragen so viel Erfahrung in sich. Sie wissen, wie es ist, wenn ihnen mindestens einmal die Energie genommen wurde. Wenn sie den Kampf, den sie kämpfen mussten, verloren haben. Sie wissen wie es ist, von vorne anzufangen. Welche Kraft benötigt wird, nach diesem tiefen Fall wieder an die Oberfläche zu kriechen. Es sind die stärksten Seelen von Allen. Ihre Scherben gehen nie verloren und setzten sich immer wieder zusammen.

Es benötigt ein enormes Maß an Energie, Zuversicht und Stärke, erfordert Geduld, Angst und Vernunft, bis sich gefallene Porzellanseelen aufgestiegener Engel wieder zusammen setzen. Doch wenn sie es tun, geht daraus eine so wundervolle und leuchtende Seele hervor, die es kein zweites Mal geben wird. Ihre Sprünge und Risse sind einzigartig. Sie sind der Fingerabdruck des Lebens. Sie bezeichnen eine Geschichte und erzählen von vergangenen Zeiten. Sie erstrahlen in neuem Glanz. Immer und immer wieder und sind deshalb so wertvoll und wunderbar.

Dienstag, 21. Mai 2019

Dichterdienstag 19KW21 - Gefängnisse aus Sand

Die Gefangenen der Zeit winden sich,
um sich herum, in sich einher, stetiglich.
Gefängnisse aus Sand zwar, mögen verrinnen,
doch werden sie nunmehr auf ewig erklingen.

Dem eingeteilten Plan gilt es zu entsprechen.
Man muss nun drauf achten, nicht zu brechen,
was der Rahmen so von einem abverlangt.
Gilt es doch: wenig Zeit, trotzdem aller Hand.

Von früh bis spät im Takt zu bleiben,
ohne dabei aus der Reihe zu tanzen,
darüber könnte man ganze Bücher schreiben,
oder nen neuen Rhythmus anpflanzen.

Doch der Sand hat seinen eigenen Takt.
Er gibt stringent vor und lässt nicht ab.
Oben geht er los, läuft dann hinunter,
und erneut im Kreis der Zeit, oh Wunder.

Wie soll man bei dem ganzen Müssen
dann Luft und Platz und Raum erschließen?
Sucht man im Inneren doch vergebens
nach der Stopptaste der Zeit des Lebens.

Manchmal passiert es dann aber doch,
dass man denkt, man kann die Zeit anhalten,
fern ab vom Rhythmus das Selbst erhalten
und niemals vergessen, wie die Freiheit roch.

Nicht gefangen und völlig losgelöst.
In anderen Epochen bleiben ohne zu eilen.
Alles wahrnehmen, was so lang gedöst,
voller Euphorie im zeitlosen Raum verweilen.

Getragen von fremden Strömungen, hinauf
zum Gipfel der Endorphine und des Ganzen.
Hochgefühle, Freiheit und die Lust, zu tanzen.
Einfach nicht bereuen, es nimmt seinen Lauf.

Wie schön es doch wäre, könnte jeder dieses
Ausbrechen viel öfter wagen, ohne mieses
Gefühl oder Begleitgedanken zu haben.
Zeit steht eh nicht still, warum nicht warten?!

Schnell kehrt dann oft der Sog zurück,
zieht und zerrt enorm an einem Glück.
Lässt vergessen, was gewesen sein würde.
Und stellt in Reih und Glied erneut die Hürde.

Aber der Sand hat seinen eigenen Takt.
Er gibt stringent vor und lässt nicht ab.
Oben geht er los, läuft dann hinunter,
und erneut im Kreis der Zeit, oh Wunder.