Sonntag, 24. Februar 2019

Typhus und Schwäne

"Typhus und Schwäne, alles kommt von derselben Stelle."

Dieses kleine Sätzchen unter die Lupe nehmend, widme ich mich damit einem Zitat aus einer Serie. Obwohl ich schon recht viel an Film- und Serien-Material in meinem Leben wegkonsumiert habe, habe ich bisher relativ wenig direkte Bezüge zu Filmen oder Serien beim Schreiben beschrieben. Umso besser, denn diese Serie hat nicht nur diesen einen Satz, den es unter die Lupe zu nehmen gilt.

Ich spreche hier von der Serie "Hannibal", die in drei Staffeln eine wunderbar psychologisch-brutale und herrlich manipulative Geschichte erzählt. Die Art und Weise, die die Serie dabei an den Tag legt, hat mich extrem begeistert. Super Atmo, eine extravagante aber sehr passende Soundkulissen, beklemmende Bilder und ein Dialoglevel, der einfach Spaß macht und unfassbar intelligent geschrieben wurde. Aufgrund der Thematiken, die dort von einem enorm fähigen Hannibal Lecter und dem vermeintlich guten Pendant Will Graham behandelt, be-, auf- und abge-arbeitet werden, erschafft eine extrem vielschichtige Palette von Geist, Körper und auch den Elementen dazwischen.

Ich wollte aber definitiv keine Rezension oder größere Zusammenfassung schreiben. Dennoch möchte ich meine subjektive Empfehlung für dieses Werk aussprechen und stelle nunmehr fest, dass der Satz "Typhus und Schwäne, alles kommt von derselben Stelle" nicht die einzige philosophisch-psychologische Aussage von Hannibal ist. Es steckt echt viel drin. Ziemlich viel Hirnfick-Scheiß halt. Super gut!

Typhus also. Und Schwäne. Passt so gut zusammen wie schwarz und weiß. So ist die Idee.
Typhus: die fiese, eklige Krankheit. Das Ding, was dich dahinrafft. Zerstörung. Chaos. Tod. Eine weitesgehend negativ behaftete Krankheit.
Hingegen Schwäne: Groß, elegant, weiß. Schön, majestätisch, lebendig. Eine durchaus positiv zu betrachtende Art.
Eine Gegenteilige Situation in Bezug auf die Bedeutung. Hannibal Lecter sagt diesen Satz zu Will Graham. Lecter als der vermeintliche Typhus, Graham als der Schwan, der dem entgegensteht. Generell strotzt diese Serie nur so von Symbolik, Metaphern und Vergleichen. Es ist immer ein Spiel von Ying und Yang. Katz und Maus. Schurke und Gesetzeshüter. Typhus und Schwan.

Grundlegend ist die Interpretation dieses Satzes natürlich erstmal recht offensichtlich. Der Kern bekommt durch die Aussage, dass beide Seiten, also Gut und Böse, von derselben Stellen kommen, aber den wichtigen Beisatz, das sie denselben Ursprung haben. Da wird es interessant und man könnte sich nun fragen: Wie kann es also sein, dass etwas so Schönes, wie der Schwan denselben Ursprung hat, wie das furchtbar Schlimme, der Typhus? Kann das Gute zudem nur existieren, weil es auch das Böse gibt? Was ist der Sinn des Ursprungs? Ist es ein natürlicher Ausgleich, der geschaffen werden soll? Kann es immer nur etwas Gutes geben, wenn es etwas Schlechtes gibt? Fragen über Fragen, die natürlich auch durch den Typhus als Wort eine etwas altertümliche Betrachtung erhalten. Typhus ist mittlerweile durchaus behandelbar, gilt aber weiterhin als schlimme und gefährliche Krankheit. Ob man aber Typhus und Schwäne oder Plus und Minus sagt, dieser Satz kann wunderbar auf die Moderne angewendet werden und hat dadurch eine enorme Reichweite und Verankerung in eigentlich allen Zeiten, die es jemals gegeben hat.

Man könnte nun diverse geschichtliche Anfänge zur Hand nehmen und sehen, inwiefern der Typhus und auch die Schwäne vorhanden sind. Überall wo Leben entsteht oder "geschaffen wurde" folgt immer auch der Tod. Das Leben und der damit verbundene Tod kommen also auch von derselben Stelle. Ob die Menschen sich dabei aus Lehm, Rippen oder anderen Materialien formen ließen, oder die Evolution unser Wesen bestimmt, ist dabei egal. Kain und Abel. Der Apfel, die Versuchung. Kleine Tiere, große Tiere. Das Gesetz des Stärkeren. Alles schlüpft quasi aus einem Ei.
Der Tod, der jetzt oft erwähnt wurde soll und muss aber nicht immer das Schlechte darstellen. Der Tod sorgt auf seine Weise ja auch für das weitere Existieren derer, die entschieden haben, zu leben.
Aber weg von den Tieren, die können für Schlechtes wohl am wenigsten. Das ist immerhin noch der Lauf der Natur.

Das wahrlich Schlechte hat sich dann tatsächlich erst mit einem Bewusstsein dafür entwickelt. Ob Tiere auch ein Bewusstsein fürs Schlechtes haben? Eventuell. Wir verstehen es nur leider nicht.
Ganz toll: Der Mensch und sein bewusstes Sein. Der Schöpfer von Missgunst, Niedertracht, Neid, Verrat und Hinterlist. Im Ursprung gut und böse. Vereint in allen Merkmalen, die uns ausmachen können. Das Potential dazu, Typhus zu verbreiten steckt demnach in jedem von uns. Fast wie der Krebs, nur dass Typhus in dem Falle symbolisch auf die Psyche übertragen wird.
Dennoch: es schlummert in uns. Werden wir dadurch "besser", wenn wir wissen, dass wir potentiell "Schlechtes" tun können? Nicht jeder...das ist dann so ein Charakter- und Prägungs-Ding, denke ich. Nicht immer muss das "Böse" in uns geweckt werden. Es gibt genug sehr ausgeglichen wirkende Menschen, die scheinbar nur Gutes im Sinn haben. Manchmal bleibt es leider bei dem Schein und die Bestätigung tritt in Kraft, dass es immer zum Gegenteil umschlagen kann.

Was wäre, gäbe es nur einen Teil im Ursprung? Sprich nur Gutes oder nur Schlechtes.
Wenn es nichts Schlechtes gäbe, würden wir das Gute wahrscheinlich als neutral oder als "Ist-Zustand" wahrnehmen und nicht zwingend als das Positive. Da ein Teil fehlt, um ihm den Wert zu verleihen, der es "besser" macht als das "Schlechte". Würde sich dann irgendwann ein Ungleichgewicht einstellen oder wären alle zufriedener, obwohl es nur dieses "neutral" gäbe?
Wenn andererseits alles schlecht wäre, würde es uns als solches vorkommen? Oder würden wir eher "abgehärtet" oder "angepasst" sein und das Schlechte ebenfalls als neutral wahrnehmen?

Welchen Wert Typhus und Schwäne haben, ist aber bestimmt auch immer sehr subjektiv zu betrachten. Subjektiv im persönlichen Rahmen, in Bezug auf ein Individuum und seine "Ansprüche", aber auch subjektiv im großen Umfang, in Bezug auf die Gewohnheiten und Entwicklungen von Gesellschaften und dem generellen Miteinander. Jeder hat seinen eigenen Typhus und auch seine eigenen Schwäne, um es nochmal auf die persönliche Ebene zu bringen.

Genau, wie Hannibal Lecter in Will Graham das Schlechte sieht und ihm seinerseits versucht dies eindrücklich klarzumachen und herauszukitzeln, ist Will Graham, wenigsten anfänglich, bemüht das Gute in Hannibal zu finden. Dass das alles nicht ganz so einfach und glimpflich von Statten geht, würde aber wieder in die Zusammenfassungs-Schiene laufen. In Hannibal ist ziemlich viel von dem vermeintlich Guten eben dann auch das Böse. Diese Serie trieft nur so von "Bösem". Das macht es aber durchaus auch spannend. Es bleibt immer die Frage, was nimmt überhand. Der Typhus oder die Schwäne. Eine wirkliche Gewissheit kommt dabei aber nicht zu Stande.

So bleibt die Aussage, dass alles den Gleichen Ursprung hat allgemeingültig. Das Gleichgewicht anstrebend, sich gegenseitig ausgleichend, halten sowohl Typhus, als auch die Schwäne uns am Leben. Bei dem einen mehr Typhus als bei dem Anderen, aber immer soviel, dass es vermeintlich funktioniert. Ich glaube ja eher, dass diverse Dunkelziffern in Bezug auf den schlechten Typhus sehr viel höher sind, als jeder zugeben mag. Wenn es eh in uns ist, kann es potentiell immer auftreten. Es scheint also eine Wahrscheinlichkeitsrechnung herhalten zu müssen...das spare ich mir allerdings.

Ich denke, wenn wir uns bei neunundvierzig Teilen Typhus und einundfünfzig Teilen Schwäne treffen, ist es erstmal gut. Und vor allen Dingen hat die Positivität dann ein kleines Übergewicht. Daran sollten wir arbeiten und es gewichtiger machen. Niemand braucht diesen Typhus!

Leider wird es aber auch immer Menschen geben, die von dem Schlechten zehren. Ihnen geht es gut, wenn es anderen schlecht geht. Das ist der wahre Typhus, meiner Meinung nach. Menschen, die ganz bewusst so manipulieren, dass ihr Umfeld Schaden nimmt oder leidet und sie sich daran ergötzen und erfreuen. Narzissmus ist schon 'ne merkwürdige Verhaltens-Einstellung, wie ich finde. Aber alles kommt ja irgendwo her. Alles hat seine Gründe. Alles hat seine Urpsrünge. Und Sollte es wirklich so sein, dass ein persönlicher Quell nur aus Typhus zu bestehen scheint, liegen die Schwäne wohl schon etwas länger im Verborgenen und haben sich zu dem Teil formen lassen, der nun schlummert und nicht herauskommen kann oder darf, je nach dem wie stark die Ambitionen sind.

Ich denke in der Tat, dass der Satz "Typhus und Schwäne, alles kommt von der gleichen Stelle." sehr gut beschreibt, wie es ist. Die Idee bzw, diese These findet sich, wie gesagt, in verschiedenen Zeiten und Philosophien wieder. Der Satz bekommt durch die Serien-Thematik und als Zitat von Hannibal Lecter natürlich auch einen gewissen künstlerischen und modernen Aspekt, bleibt aber in seinem Umfang genau das, was es ist. Eine enorm tiefgründige, bis auf diverse Ursprünge anzuwendende Aussage, die irgendwie bestätigt aber dennoch hinterfragt, da sie ersteinmal paradox erscheint.

Guter Satz. Gute Serie. Pro Schwäne!

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