Donnerstag, 31. Mai 2018

Narziss und Echo - Geschichten aus dem Feuerkorb

Es war einmal...

...ein Schönling names Narziss. Ein ansehnlicher Bursche, halb Gott, halb irgend etwas anderes. Entstanden aus der Triebhaftigkeit seines Vaters Kephissos mit einer schönen Nymphe namens Leiriope. Da die Zeugung nur einseitig freiwillig war bzw. forciert wurde, wurde Kephissos für seine Schandtat der Nymphe gegenüber, von Poseidon höchstpersönlich bestraft und unter die Erde verbannt. Wohlgemerkt, für Kephissos, als göttliche Personifikation des mächtigen Flusses Kephissos, war das schon ne harte Nummer. Er ist bestimmt irgendwann einfach unterirdisch versickert...

Wie dem auch sei, aus dieser einseitigen Liebe entstand der Bub Narziss. Er war schön und beliebt und erfreute sich an den Lebensumständen der damaligen Zeit. Bestimmt viele Orgien, Saufgelage, hier mal mit dem Finger schnippen, da mal etwas halb-göttlich sein...könnte schlimmer sein. Narziss allerdings war so sehr von sich und seiner Schönheit befangen und begeistert, dass er die Zuwendungen und Annäherungen sämtlicher Verehrerinnen und Verehrer zurückwies. Er strafte der anderen Leute Zuwendung mit eiskalter Herzlosigkeit. Er liebte sich selbst am meisten und konnte im Grunde keine andere Liebe zulassen. (Die Idee mit den Orgien und Saufgelagen sollte man in seinem Fall dann wohl auf eine Person reduzieren. Daraus wird dann Selbstbefriedigung und Volllaufenlassen.) Narziss' Vorteil dabei war, "alleine saufen, macht hässlich" konnte gar nicht zutreffen, dafür war er einfach zu schön und holte sich darauf eben regelmäßig einen runter. Kann man machen, aber wartet ab: seine Selbstliebe wird sich noch rächen...


Narziss' Vater war ein Vergewaltiger der Natur. Er meanderte an der Flussnymphe Leiriope herum... (ungefragt!) ...dessen Vater, Okeanos, war sogar der Vater aller Götter und galt als Ursprung der Welt, King of the Hill quasi (je nach Überlieferung). Narziss selbst, war ein eingebildetes Arschloch. Merkt man was? Okay, der Ursprung der Welt sollte nicht als negativ betrachtet werden (oder vielleicht doch, wenn man damit den "Anfang allen Übels meint"). Allerdings passiert direkt in der zweiten Generation Scheiße und einer schlägt über die Stränge. Dass Narziss Schicksal irgendwo vorherbestimmt war, sollte man Anhand von DNA Analysen bestätigen können. Ginge man davon aus, mythische Wesen und Götter der griechischen Antike hätten so etwas wie Biologie. Sagen wir einfach: eine göttliche Fügung. Nachher heißt's noch, Götter würden an Schicksal glauben...na Prost Mahlzeit!


Zurück zum Protagonisten: Narziss spazierte manchmal einfach gerne herum. Durch den Wald, an Flüssen und Bächen vorbei. Über Stock und Stein. Meistens jedoch über Wege und Trampelpfade. In der Natur fühlte er sich irgendwie aufgehoben, dachte er. Sie war Ihm scheinbar wohlgesonnen. Die Vöglein zwitscherten munter vor sich her. Obligatorische Rehe kreuzten dann und wann seine Wege und hielten für einen Klischee-Moment inne, um ihm diesen typischen Reh-Blick zu zuwerfen, bevor sie wieder gemütlich in den Wald huschten. Ziemlich selbstverliebt, dennoch im Einklang, geriet er eines wundervollen Tages an eine Lichtung. Es war eher eine halbe Lichtung, mit einem Ufer eines kleinen Sees, der friedlich darin eingebettet lag. Narziss ging so zum Ufer, schaute über die glatten Wogen der nicht vorhandenen Wellen hinweg. Schaute nach links, nach oben, nach rechts. Dann blickte er sich schlagartig um. Schulterblick, ohne Auto, Respekt. Warum auch immer er das tat?! Da war nämlich nichts...(außer der Hauch seines nicht vorhandenen Gewissens und die Nemesis, die  stumm eine Todesmelodie summte...die Narziss aber nicht wahrnahm. Selbstliebe schützt vor äußeren Einflüssen, sollte man meinen.)

Die ruhige Ruhe der Idylle eingeatmet, setzte Narziss sich dann am Ufer nieder und blickte das erste mal hinab ins Wasser. Und das, was er dann dort sah, war nichts anderes als sein Spiegelbild. Narziss war direkt hin und weg. Er schaute keine 5 Sekunden in dieses wunderschöne Gesicht, das ihn anblickte und konnte nicht anders, als sich vollends in sich selbst zu verlieben. Damit war es dann um ihn geschehen. Mit dieser Erkenntnis und einem noch breiteren, selbstverliebteren Grinsen, machte er sich - nachdem er sein Spiegelbild gute 5 Stunden angehimmelt hatte - auf den Rückweg zu seiner Behausung. Der Rückweg blieb, bis auf die obligatorischen Rehe, relativ unspektakulär. Außerdem war Narziss viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst zu lieben. Noch merkte er nicht, dass die völlige Selbstliebe sein Untergang sein würde...er dachte weiterhin nur an sich.


Zur Erklärung: 5 Tage bevor er sich vollends in sich und sein eigenes Spiegelbild verliebte, gab es zwei einschneidende Zurückweisungen, die sich für Narziss noch rächen sollten:

Zum Einen war da der Schönling Ameinios, der sich Narziss angeboten hatte. Man focht ein wenig miteinander, strebte nach Kraft und protzte mit Schönheit. Zu mehr war Ameinios aber nicht in der Lage. Narziss' Egoismus erteilte ihm eine eiskalte Abfuhr. Zu guter letzt schenkte Narziss ihm sogar noch ein nicht minder prachtvolles Schwert. "Es würde Ameinios insgesamt aufwerten", so meinte er. Aufgrund der Zurückweisung, der Schmach und seines verletzten Stolzes, erstach sich Ameinios mit dem geschenkten Schwert und rief im Sterben die Götter an, seinen Tod, für den er Narziss verantwortlich machte, zu rächen. Dieses Gebet erhörte die Göttin des gerechten Zornes Nemesis und strafte Narziss zum ersten mal mit dem Fluch der volkommenen Selbstverliebtheit. Narziss belächelte diese Tatsache einfach nur und tat weiter, wie ihm bestimmt war.

Zum Anderen, traf er am Abend bei einer Jagd auf die Bergnymphe Echo. Als Narziss sich beim Verfolgen eines Hirsches im Dickicht verlor, war die gute Echo so nett, ihm zu folgen und ihn zu suchen. Dabei muss man wissen, dass die Nymphe Echo eine eigene Vorgeschichte hatte:
Sie wurde selber Opfer göttlichen Zorns und verlor auf Befehl von Hera Ihre Sprache.
Echo war am Hofe der Hera als Erzählerin tätig und wurde aufgrund einer zornigen Kurzschlussreaktion der Ober-Uschi zum Sündenbock und musste einfach herhalten. Immerhin ließ ihr Hera die Möglichkeit, die letzten Worte eines Satzes, den sie zuvor gehört hatte, zu wiederholen.

Kommen wir zur Krux: Narziss, verirrt im Wald, Echo hinterher. Echo kann aber nicht eigenständig rufen. Demnach war sie jetzt erstmal keine große Hilfe, ihn zu finden. Aber er war doch so schön, sie wollte unbedingt hinter im her. Irgendwann merkte auch Narziss, dass er irgendwo falsch abgebogen war und rief einfach nach seinen Jagdkameraden. Zufälliger Weise war Echo tatsächlich in relativer Nähe zu ihm gewesen und sie konnte ihn rufen hören und erwiderte sein "Ist jemand hier?", mit "Hier!". Narziss reagierte darauf erneut und rief "Wo ist denn hier?". Echo wiederholte es: "Hier!" Narziss konnte sich grob an der Stimme orientieren und nach ein paar weiteren "Hiers" kamen die beiden tatsächlich im Wald zusammen. Echo, überglücklich, dass sie trotz des Sprachentzuges, diesen schönen Menschen gefunden hatte, wollte Narziss umarmen und herzen. Dieser allerdings war sich keines Dankes bewusst und wies Echo eiskalt ab! Über Nemesis oder der Gleichen verschwendete er keinen einzigen Gedanken.

Echo war am Boden zerstört und gab sich in diesem Moment der Undankbarkeit und Ablehnung auf, verkroch sich in einer Höhle und verschmolz irgendwann wieder mit den Felsen und Gesteinen, stieß noch ein letztes Gebet aus und war für immer dahin...verschmäht, einsam und traurig. Nemesis vernahm auch diese erneute Undankbarkeit und gestaltete den Ausflug, den Narziss in 5 Tagen machen würde so, dass er auf jeden Fall zu einem See gelangte und sich dann im Wasser selber sehen würde. Er würde sich vollends in sich selbst verlieben. Sie wiederum liebte es, wenn ein Plan funktionierte...


Wieder fünf Tage nach vorn:

Narziss tat auch nach dem Spiegelbild-Erlebnis das, was er tat. Er wies, wie zuvor, kommende Anwärter und Verehrerinnen ab und liebte sich selbst in höchstem Maße. Stunde um Stunde...Woche um Woche. Monat um Monat.
Eines grauen Tages dann, alleine, ohne Kuscheldecke, ohne Regentropfen am Fenster, weil keine Fenster, kam Narziss endlich zu einer erschütternden Erkenntnis. "Die Nemesis, diese hinterhältige Schachtel", dachte er. Und diese Erkenntnis war sein Ende.

Narziss liebte sich, ja. Er liebte sich selbst, wie nichts anderes auf der Welt. Er schmachtete jedesmal Stundenlang vor Spiegelbildern in diversen Wasserquellen. Aber er sehnte sich auch so sehr nach sich selbst, dass er nicht anderes mehr zuließ. Sein Narzissmus schlug ihm eiskalt ins Gesicht. Obwohl er die ganze Zeit selbst präsent war, verzehrte er sich trotzdem nach Liebe. Letztlich überkam ihn die Erkenntnis, dass er seinen eigenen Wunsch nach Selbstliebe niemals würde erfüllen können. So stark er sich auch liebte, es reichte nicht, um ein erfülltes Leben zu leben, geschweige denn zu lieben.

Und so trat ein langer, zäher Prozess des Verfalls in Kraft. Narziss konnte nicht anders, als für ihn bestimmt war. Durch den Fluch der unendlichen Selbstliebe - ausgelöst durch Rachegedanken, Zorn und die Zurückweisung von allem anderen - verendete er irgendwann vor einem Spiegelbild schmachtend und schied alleine, voller Liebe aber dennoch komplett leer, dahin.

Spätere Entdeckungen gaben preis, dass an dem Ort, wo Narziss starb, keine Leiche und keine Gebeine zu finden waren. Das kleine Stück Ufer wurde lediglich von einer wunderschönen Narzisse dekoriert.



Basierend auf der Quelle Wikipedia und externen Einflüssen. Alles andere ist Mythik und Überlieferung, plus ein paar ausschmückende Elemente. 


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