Freitag, 10. Januar 2020

Eine Reise nach Stockholm

Gefangen im Leben eines Anderen. Psycho-soziologisch betrachtet gibt es ja Alles, was der menschliche Verstand in der Lage ist, sich zu erdenken. Manipulative Verhaltensweisen, Entmusterung eines Alltages, die Konditionierung des Geistes, die Neuanordnung von Routinen. Das Auseinanderbrechen eines Wesens.

Gehen wir mal davon aus, ein Jemand ist nicht ganz ohne Kapazitäten geboren, zudem aber ein extrem narzisstisch gesteuerter Mensch. Der Narzisst an sich liebt zwar auch sich selber, aber im Grunde klappt das nur, weil er mit aller Macht seine Umwelt schlechter macht als sich selbst. So wird er immer im Mittelpunkt seiner semi-vorhandenen eigenen Liebe stehen können, da alles andere um ihn herum so klein gemacht wurde, dass es niemals diesen Wert erhalten könnte. Es ist natürlich höchstgradig egoistisch und mit der semi-vorhandenen Liebe zu sich selbst verbunden. Unmut über sich selbst, der auf das Umfeld projiziert wird, damit man selbst in einem besseren Licht dastehen kann. Ziemlich kaputt so was. Aber nun gut, Narzissten gibt es zu genüge und es werden immer mehr. Zwar nicht alle so extrem, wie in dem Fall des Gefangensein in einem anderen Leben, aber die Tendenz geht Richtung Selbstwertlosigkeit und Unmut. Wir haben bald eine neue große Depression in dieser Gesellschaft, wenn es so weiter geht. Und ja, es geht so weiter.

Meiner Betrachtung nach gibt es in einer Beziehung zwischen zwei oder mehreren Menschen, an denen ein Narzisst beteiligt ist, früher oder später um eine klare Rollenverteilung. Täter und Opfer. Derjenige, der das Umfeld bewusst zu seinen Vorteilen verändert und derjenige, der direkt davon betroffen ist. Aktives Tun ist bei einem Täter-/Opfer-Spiel natürlich Voraussetzung, denn die Grausamkeit, mit der der Täter meist zu Werke schreitet, wird ganz bewusst angewendet, weil sie funktioniert. Irgendwann wird jeder radikale Egoist anfangen, sein Umfeld bewusst zu konditionieren. Muster und Verhalten werden analysiert und an den entsprechenden Schrauben gedreht, bis das Resultat fügsam ist.

Ich denke, dass ein nicht vorhandenes Gewissen einen Narzissten zudem zu einem extremen Übel macht, das vor nichts zurückschreckt. Die manipulativen Maßnahmen passieren aber oft hinter verschlossenen Türen, zwar mitten unter uns, aber nicht ersichtlich oder offensichtlich. Vielleicht ersichtlich, wenn Frau XYZ am nächsten Tag wieder mit einem Veilchen zur Arbeit geht. Es passiert soviel Gewalt und Grausamkeit hinter den Türen dieser Gesellschaft. So viel unwürdige und unmenschliche Dinge, die geschehen. Immerzu. Wahrscheinlich auch jetzt gerade in diesem Moment. Irgendwo dreht wieder einer am Rad und schlägt seine Frau und seine Kinder. Irgendwo arbeitet jemand mit Nachdruck daran, dass er genau das bekommt, was er will. Ob sie dabei schreit, ist ihm wohl egal. Irgendwo baut wieder jemand ein Gefängnis, um darin das Leben eines Anderen festzuhalten. Irgendwo wütet wieder ein gebrochener Mensch, der unreflektiert durchs Leben geht und alles mit sich reißt, was nicht stark genug ist.

Konditionierung: Etwas passt nicht ins Konzept und muss verändert werden. Jedes Mal, wenn dieses "passt nicht" passiert, wird interveniert. Wenn es nicht mit "Charme" funktioniert, kommt bald Nachdruck hinzu. Wenn etwas nicht passt, dann setzt es Eine oder Zwei. Zack. Ruhe. Sollte nun wieder etwas nicht passen, was nicht mehr so häufig vorkommen wird, weil das Opfer nun seine Rolle annimmt und klein wird, setzt es eben noch mehr. Körperlich, psychisch. Der Grausamkeit und Quälerei einer Geistes sind keine Grenzen gesetzt. Besonders dann nicht mehr, wenn die Vorarbeit in Bezug auf das Niedermachen des Gegenübers schon mehr als reife Früchte trägt. Wenn der Täter ersteinmal einen gewissen "Rang" erreicht hat, ist es ihm ein Leichtes, seine komplette Umwelt in besagtes Gefängnis zu sperren und die Kontrolle für immer zu übernehmen. Der gebrochene Geist der Opfer wird niemals von alleine ausbrechen können, wenn es einmal soweit gekommen ist. Und sie würden sich niemals wagen, einen Fluchtversuch zu unternehmen.

Opfer, klein. Täter, groß. Narzisst, froh.

Der Egomane macht also so sein Ding, scheint solange zufrieden zu sein, wie alles nach seiner Pfeife tanzt. Abweichungen seiner Vorstellungen werden gnadenlos bestraft. Gefangene müssen fügsam sein. Anders funktioniert dieses Spiel ja auch nicht. Die Gefangenen sind mittlerweile so desillusioniert, verängstigt und auf Selbstschutz und Überleben aus, dass sie alles machen würden, nur um möglichst wenig neue oder alte Qualen erleben zu müssen. Sie spielen die Rolle perfekt. Unbewusst. Dazu genötigt und nicht selbstgesteuert. Auf Dauer, meistens über Jahre hinweg, manipuliert und konditioniert. Unfähig, selbst irgendeine Art an positiver Energie zu erschaffen.

Wenn solche Martyrien über einen sehr langen Zeitraum passieren, setzt bei einigen Opfern bestimmt so etwas wie Resignation oder eine normal gewordene Abgestumpftheit ein. Wer zuvor ein lebensfroher, offener und empfänglicher Geist gewesen ist, weiß danach nicht mehr viel von sich selber. Was ist noch richtig, was ist falsch? Ständig in der Angst zu verweilen, aufgrund eines "Fehl-Verhaltens", bestraft zu werden, lässt den Selbstwert irgendwann komplett verschwinden. Man verliert sich. Gibt sich auf. Irgendwann fühlt man nichts mehr. Dann ist alles egal und man vegetiert nur noch als Sklave in einer Co-Abhängigkeit, was sich dann das Leben eines Anderen nennt.

Manchmal, was für den rationalen Geist nicht nachvollziehbar ist, passiert es aber auch, dass das Opfer irgendwann einen merkwürdigen Wandel vollführt und trotz Gewalt, Grausamkeit, Respektlosigkeit, Angst, Kummer und Leid, wieder so etwas wie Zuneigung zu dem Täter empfindet. Wenn man allerdings gefangen im Leben eines anderen eine Reise nach Stockholm macht, sollte man damit rechnen, dass man dort wieder einmal für immer bleiben wird. Man würde zwar den Standort mit dieser Reise verändern, aber einen Narzissten wird man niemals verändern. Es würde ihm nur in die Hände spielen. Er hätte dann neue Möglichkeiten, das Spiel von vorne zu beginnen. Er würde wieder gewinnen, weil er ja wüsste, wie es schon einmal funktioniert hat. Jeder der mit einer Co-Abhängigkeit nach Schweden reist, hat erneut die Kontrolle über sein Leben verloren

Ist es dann noch das kleinere Übel? Ist es eine Meisterleistung des Verstandes, Alles Übel auszublenden und wie verhext, neue Energie in einen Täter setzen kann, um ihm erneut zu gefallen?
Wie gesagt, der rationale Verstand würde sagen, dass dieses Verhalten ebenso gestört ist, wie das des Narzissten. So lange man in dieser Abhängigkeit existiert, existiert man eigentlich nicht wirklich. Auch wenn man in Schweden vielleicht eine Zeit lang besser klar kommt, das Klima ist anders, neue Eindrücke lockern die Stimmung...irgendwann wird der Täter wieder zu Werke gehen und diese vermeintliche Idylle erneut in tausende kleine Scherben zerschlagen. Das Opfer fragt sich dann: Was, wieso? Weshalb, warum? Bevor es realisieren kann, was erneut passiert, ist es meistens schon zu spät und alte Verhaltensweisen werden herausgelockt. Schnell verfällt das Opfer wieder in die Ohnmachtshaltung und wird darin verweilen, sollte es nicht mit aller Macht ausbrechen wollen.

Und das ist es dann im Endeffekt. Das Wollen. Von außen betrachtet ist klar, solch eine Opferrolle grausamster Art und Weise möchte niemand. Es sollte niemandem geschehen. Niemand sollte das für sich selber wollen. Wenn man emotional so abhängig oder eben kleingemacht konditioniert ist, kann man selbst vielleicht wirklich nicht viel machen. Wenn man das Wollen nicht mehr kann, ist eh alles vorbei. Wenn der Geist gebrochen ist, bleibt nur eine Hülle zurück.

Deshalb: so lange ihr könnt, wollt und der Wille und das Gewissen da sind, zu entfliehen, kommt raus aus euren Häusern, öffnet die Türen, tretet in die Öffentlichkeit. Bei ersten Anzeichen von Gewalt, sollte man offizielle Schritte einleiten, um präventiv zu sein. Niemand hat es verdient aufgrund des Unmutes eines Anderen ein schlechtes Leben haben zu müssen. Das Leben sollte frei sein. Niemand sollte im Leben eines Anderen gefangen sein. In den Staub mit diesen narzisstischen Unmenschen. Sie ändern sich eh nicht und nehmen sich nur das, was sie belangt.

Ich denke, wenn man einmal mit so einem Menschen eine intensive Verbindung gehabt hat, sollte man wissen, dass man so etwas nie mehr erleben möchte. Je nach eigenem Wert natürlich. Es gibt bestimmt dennoch genug Geister, die aufgrund von eigener Naivität und dem Charme des immernoch psychopathischen Narzissten erneut gefangen genommen werden. Da kann man dann auch nicht viel machen. Vielleicht wurde auch alles vergessen, weil der Geist sagt, Trauma, ich schiebe dich weg, um dich zu verarbeiten. Ich ignoriere das, was passiert ist...wird schon gut gehen. Man weiß es nicht genau, ob das dann unterbewusster Schutz des Eigenen ist oder nur die einfachste Art und Weise, damit umzugehen. Im Endeffekt gewinnt in diesem Spiel solange der Narzisst, bis man ihn daran hindert zu gewinnen. Einfach das Spiel verlassen und woanders seine Würfel setzen. Auch wenn man damit rechnen muss, dass der manipulative Egomane alles versuchen wird, seine alten Druckmittel durchzusetzen, um ans Ziel zu kommen.

Was bleibt: emotionale Abhängigkeit ist der Nährboden für die Grausamkeit am Geiste. Kastensysteme und das Halten von Leibeigenen war schon im Mittelalter idiotisch. Ein Reise nach Stockholm sollte immer frei und nicht endgültig sein.

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