Donnerstag, 30. April 2020

Schreib-Challenge #2.2020 (Sonja): Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - wie ähnlich ist man den Eltern, was übernimmt man gerne und was soll mal ganz anders laufen?



Ein Bärenleben in 3 Akten


1. Akt: Das Bärenkind

Als Kind war die Welt für den Bären noch in Ordnung. Es wurde viel gespielt und mit seinen Eltern gelacht. Sie haben zusammengehalten wie die 3 Musketiere, ganz nach dem Motto: Einer für alle und alle für Einen. Je älter der junge Bär wurde, desto häufiger war der Bärenvater abwesend. Nur die Bärenmutter war immer für ihren Sohn da und unterstützte ihn bedingungslos. Der Vater hingegen war so oft nicht zu Hause, dass er gar nicht mehr wahrnahm, wer sein Sohn eigentlich war und für welche Dinge er sich interessierte. Für ihn war es nur wichtig, dass er einen Erben für seine Firma hatte. Denn für den Bärenvater stand fest, dass sein Sohn die Firma eines Tages übernehmen würde, genauso wie er sie von seinem Vater übernommen hatte. So war es vorgesehen und so würde es kommen. Der junge Bär allerdings wollte nicht in der Firma arbeiten, er interessierte sich einfach nicht dafür. Immer wieder stritten die Beiden. Der junge Bär wollte sein Leben selbst gestalten, doch der Bärenvater machte es ihm schwer, indem er sich immer wieder einmischte und die Entscheidungen für ihn traf. Handelte und funktionierte der junge Bär nicht so wie der Vater es wollte, gab es Konsequenzen. Die Palette war groß und reichte von Taschengeldkürzungen und Ausgehverboten bis hin zu einer Tracht Prügel. Die Bärenmutter war in diesen Situationen meist machtlos, hatte sie zu große Angst, wenn die dunkle Seite des Bärenvaters zum Vorschein kam. Sie konnte sich nicht trennen, da sie nicht nur von ihm abhängig war, sondern trotz allem immer noch den liebevollen Bären in ihm sah, in den sie sich vor langer Zeit verliebt hatte. Sie versuchte ihren Sohn zu unterstützen und zu trösten, wenn es wieder zu Streit mit dem Vater kam, mehr konnte sie nicht tun. Die Zeit verging und der junge Bär begann einen Plan zu schmieden, um sich und seine Mutter zu retten. Er nahm mit dem Einverständnis seiner Mutter neben der Schule eine Arbeit an und sparte sein gesamtes Geld. Damit verschaffte er ihnen finanzielle Sicherheit. In seiner knappen Freizeit suchte er nach einer neuen Unterkunft für sich und seine Mutter. Als das geschafft und seine Mutter in den Plan eingeweiht war, warteten die Beiden auf den richtigen Augenblick für ihre Flucht. Einige Zeit später fuhr der Bärenvater auf Geschäftsreise. Mutter und Sohn packten ihre Sachen und zogen aus. Sie ließen einen Brief zurück, in dem sie ihre Entscheidung mitteilten und den Bärenvater wissen ließen, dass sie seine Ignoranz, Gewalttätigkeit und Tyrannei keinen Tag länger aushielten und deswegen gingen. Der junge Bär blickte noch einmal auf den Ort seiner Kindheit zurück und schwor sich, sollte er jemals eine eigene Familie haben, vieles anders zu machen.


2. Akt: Der erwachsene Bär

Inzwischen sind einige Jahre ins Land gezogen, seit der junge Bär weg gezogen war. Das Verhältnis zu seiner Mutter war nach wie vor hervorragend. Seinen Vater hingegen sah er nur selten. Und wenn dann nur damit er seine Enkel sehen konnte, da der junge Bär mittlerweile eine eigene Familie gegründet hatte. Gemeinsam mit seiner Bärin hatte er zwei wundervolle Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Er liebte seine kleine Familie abgöttisch. Er war mit seiner Arbeit zufrieden und konnte sich nicht vorstellen was dieses Glück zerstören können sollte, bis das Telefon klingelte. Eigentlich war es ein positives Gespräch, er sollte befördert werden und eine ordentliche Gehaltserhöhung bekommen. Er war sich sicher, dass er die neue Position gut ausfüllen könnte. Aber er war auch unsicher, da sie wesentlich mehr Arbeit bedeutete und damit weniger Zeit für die Familie. Er suchte bei seiner Mutter Rat, die ihren Sohn immer noch bedingungslos unterstützte. Sie war sicher, dass er auch selbst die richtige Entscheidung treffen würde und erinnerte ihn daran, was geschah als der Bärenvater anfing mehr zu arbeiten und weniger Zeit für die Familie hatte. Nachdem er das Angebot auch mit seiner Bärin besprochen hatte, nahm er es schließlich an. Bald arbeitete er Tag und Nacht, schlief wenig und war dadurch schnell gereizt. Er überschüttete seine kleine Familie mit Geschenken, um die fehlende Familienzeit wettzumachen. Die alte Bärenmutter beobachtete besorgt die Entwicklung, beschloss aber sich vorerst nicht einzumischen. Auch die Bärin war besorgt und wandte sich schließlich an die alte Bärenmutter. Die beiden Kinder wurden unbemerkt von ihrem Vater immer unglücklicher und ließen in der Schule stark nach. Sehnsüchtig warteten sie jeden Abend auf ihren Vater, der aber immer seltener zu ihrer Schlafenszeit zu Hause war. Um ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen, fingen sie in den seltenen Tagen wo er zu Hause war Streit an. Sie warfen ihm vor, dass er sich nicht für sie interessiere und ihm egal war, wie es ihnen geht. Nach einem besonders großen Streit brachte ihre Kinder zu der alten Bärenmutter und konfrontierte den jungen Bären. Er müsse sich entscheiden, da sie das nicht länger mitmachen würde. Entweder die Arbeit oder die Familie, beides würde so nicht funktionieren. Als der junge Bär seiner ständigen Gereiztheit freien Lauf ließ, verließ die Bärin wortlos die Wohnung. Der junge Bär blieb zurück und zerschmetterte in seiner Wut das Mobiliar. Als er sich beruhigt hatte, fing er an sein Verhalten in Frage zu stellen. Er begriff, dass er sich durch seine Arbeit verändert hatte und von ihm selbst unbemerkt zu seinem eigenen Vater geworden war. Dabei sollten seine Kinder es doch mal besser haben als er selbst. Er beschloss die Reißleine zu ziehen und wieder zu einem anständigen Bären zu werden. Er suchte eine neue Arbeit und kündigte die Alte. Mit professioneller Hilfe bekam er seine Gereiztheit unter Kontrolle und schloss schließlich auch mit seinem Vater Frieden, der mit seinem Verhalten unbewusst den Grundstein gelegt hatte. Der junge Bär hoffe, dass es noch nicht zu spät war und er seine Familie noch retten konnte, aber es würde nicht einfach werden.


3. Akt: Der alte Bär

Mittlerweile ist der junge Bär alt geworden und blickt zufrieden auf sein Leben zurück. Es war damals nicht einfach gewesen, seine Bärin davon zu überzeugen zu ihm zurückzukehren und ihm noch eine Chance zu geben. Aber er war ausdauernd gewesen und hatte es schließlich geschafft. Seitdem stand seine Familie immer an erster Stelle. Selbst als seine Kinder auszogen hielt er sich zurück, auch wenn es ihm schwer fiel, sie gehen zu lassen. Anders als er sollten sie ihre eigenen Entscheidungen treffen und aus ihren Fehlern lernen. Sie sollten ihren Interessen folgen und tun was sie liebten, auch wenn er nicht immer damit einverstanden war. Er war glücklich. Seine Eltern hatte er vor langer Zeit verloren und vor noch nicht langer Zeit wurde ihm auch seine Bärin genommen. Während er im Sessel saß und alte Fotos anschaute wartete er auf seinen Sohn, bei dem er seit kurzem einige Veränderungen wahrgenommen hatte. So machte sein Sohn in der letzten Zeit viele Überstunden, ignorierte die Wünsche seiner Bärin und verbrachte praktisch keine Zeit mehr mit seinem Kind. Sein Enkel kam den alten Bären häufig besuchen und wirkte seit einigen Wochen zunehmend angespannt. Als der alte Bär sich erkundigte was los sei, teilte sein Enkel ihm zögerlich mit, dass sein Vater zwar nie da war, ihm aber trotzdem großen Druck machte was die Schule anging. Er schien nie zufrieden mit den Noten seines Sohnes zu sein und gab sich mit Mittelmaß nicht zufrieden. Das war der Moment in dem der alte Bär beschloss sich, anders seine eigene Mutter damals, einzumischen und mit seinem Sohn darüber zu sprechen. Er war besorgt, dass sich die Geschichte wiederholt und wollte dies verhindern. Als der Sohn schließlich eintraf, unterhielten sie sich eine Weile, bis der alte Bär schließlich seine Besorgnis offenbarte. Sein Sohn sollte sich daran erinnern, wie er sich in seiner eigenen Kindheit fühlte, als sein Vater oft abwesend war und wie die Situation schließlich eskaliert war. Sein Sohn wollte erst nicht einsehen, dass sich sein Verhalten seiner Familie gegenüber verändert hatte. Der alte Bär redete ihm ins Gewissen, dass er dringend etwas an seinem Verhalten ändern musste, da er sonst Gefahr lief seine Familie zu verlieren, genauso wie es für einige Zeit dem alten Bären und auch dessen Vater geschehen war. Er sollte aus den Fehlern seines Vaters und Großvaters lernen und es besser machen. Für ihn war es noch nicht zu spät das Ruder wieder herumzureißen. Schlagartig wurde dem Sohn des alten Sohn bewusst, dass er, obwohl er sich geschworen hatte seine Familie niemals zu vernachlässigen, genau das getan hatte und damit in die Fußstapfen seinen Vaters getreten war und seine Fehler wiederholte. Er dankte seinem Vater, dass er sich eingemischt und ihm ins Gewissen geredet hat. Als sein Sohn schließlich ging, gab der alte Bär ihm noch mit auf den Weg, dass er niemals vergessen sollte, dass die Familie immer an erster Stelle kommt und dass man gemeinsam alles schaffen kann.

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